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# taz.de -- Album „Silfra“: Selbstkontrolle – wie romantisch!
> Es sind zwei unterschiedlich sozialisierte Musiker: Mit Stargeigerin
> Hilary Hahn und Pianist Hauschka trifft Klassik auf Improvisation. Das
> funktioniert sehr gut, auch ohne Noten.
Bild: Beim Album Silfra trifft Klassik auf Improvisation.
Am Anfang ist die Geige. Zart und ein wenig spröde zeichnet sie einzelne
Töne in den Raum, der sich mit jedem Bogenstrich weitet. Vibrato ist kaum
zu hören, die Strenge des Spiels lässt an innere Sammlung wie bei einer
Morgenandacht denken. Der Titel „Stillness“ scheint programmatisch gewählt,
bereitet das Stück doch den Boden für die Begegnung zweier ziemlich
ungleicher Musiker.
„Silfra“ heißt das gemeinsame Album der US-Geigerin Hilary Hahn und des
Düsseldorfer Pianisten Volker Bertelmann alias Hauschka. Silfra, die
„silberne Frau“, ist der Name einer Felsspalte in Island an der Grenze der
Nordamerikanischen und der Eurasischen Platte. Die Verwerfung driftet jedes
Jahr ein paar Millimeter weiter auseinander.
Beim Aufeinandertreffen von Hilary Hahn und Hauschka hat man hingegen nicht
den Eindruck, dass da zwei fremde Kontinente einander gegenüberstehen, erst
recht nicht, dass sie sich voneinander entfernen würden. Stattdessen
bewegen sich die beiden unterschiedlich sozialisierten Musiker – klassisch
ausgebildete Geigerin und frei improvisierender Pianist – so vertraut durch
ihre gemeinsame Landschaft, als hätten sie immer schon zusammengespielt –
und zwar vollständig ohne Noten.
Ihr Erkundungsgebiet wird überwiegend von Hauschkas prepared piano
umrissen. Die mal scheppernden, mal pochenden Klänge seines mit
unterschiedlichsten Gebrauchsgegenständen angereicherten Instruments
liefern eine schroffe Grundierung, über die Hahn mit vorbildlicher
Beherrschung ihre sparsamen Linien legt.
## Das Album braucht kein Genre
Wenn Klassik auf „Unterhaltungs“genres trifft, gibt es in der Regel einige
unversöhnliche Ansätze, die man dem Ergebnis unangenehm anmerkt. Bei
„Silfra“ sind solche Befürchtungen unbegründet, Klassik gibt es hier nur …
Hilary Hahns Lebenslauf, nicht aber in den Aufnahmen mit Hauschka.
Ihre in Island entstandenen Stücke brauchen kein Genre. Als Vorbild ließe
sich der Minimalismus von Komponisten wie Steve Reich nennen, auch wenn die
Wiederholung bei Hahn und Hauschka keinen prozesshaften Regeln unterworfen
ist, sondern lediglich der ästhetischen Selbstkontrolle dient.
Dass dieser behutsam abgesteckte Rahmen auch dramatische Gesten zulässt,
kann man etwa in „Godot“ hören, dem mit gut zwölf Minuten deutlich längs…
Stück des Albums. Im Verlauf steigert es sich von kaum vernehmbarem Klopfen
zu einem immer dichteren Pulsieren. Romantik? Ja, durchaus. Allerdings ist
sie bei Hahn und Hauschka so souverän entschlackt, dass man sie fast
überhören könnte.
## Hilary Hahn & Hauschka: „Silfra“ (Deutsche Grammophon/Universal)
31 May 2012
## AUTOREN
Tim Caspar Boehme
## ARTIKEL ZUM THEMA
Musikalische Improvisation: „Wir sind über die Musik gereift“
Das Album „Silfra“ ist ein Experiment: von Geigerin Hilary Hahn und Pianist
Volker Bertelmann alias Hauschka. Er spricht er über Minenfelder und
tektonische Platten.
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