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# taz.de -- Streit um Bebauungsdichte: Opposition gegen Wohnungen
> CDU, Grüne und FDP sind gegen Mehrfamilienhäuser in der Röttiger-Kaserne,
> es gäbe keinen Bedarf. Für die Kampfmittelräumung müssen bis zu 2.100
> Bäume fallen.
Bild: Wird bebaut, nur wie, das ist strittig: Das Areal der Röttiger-Kaserne.
Eines der großen Wohnungsbauprojekte im Hamburger Süden ist Gegenstand
eines Streits in der Harburger Bezirksversammlung. CDU, FDP und Grüne
wenden sich gegen den Plan der SPD-Mehrheitsfraktion, in der ehemaligen
Röttiger-Kaserne nicht nur Einfamilienhäuser sondern auch Geschosswohnungen
zu bauen. Das steigere die Zahl der geplanten Wohnungen um 70 Prozent,
mache die Bebauung damit zu dicht und unattraktiv für Käufer.
Außerdem halten es die drei Oppositionsfraktionen für übertrieben, zur
Kampfmittelräumung den größten Teil der zum Teil alten Bäume auf dem
Gelände zu fällen. Sie haben ein Bürgerbegehren gegen die Pläne
angeschoben. Zurzeit werden Unterschriften gesammelt.
## Umgewidmete Areale
Um sein Ziel erreichen zu können, 6.000 Wohnungen im Jahr zu bauen, ist der
SPD-Senat darauf angewiesen, ehemaligen Liegenschaften der Bahn, der
Bundeswehr sowie ausgediente Industrieareale umzuwidmen. Nachdem die
Bundeswehr die Röttiger-Kaserne in direkter Nachbarschaft Neu Wulmstorfs
2005 aufgegeben hatte, kaufte sie der Senat. Nach den Plänen der damals
schwarz-grün dominierten Politik sollte das Areal mit 450 Einfamilien- und
Reihenhäusern bebaut werden.
Aus Sicht der SPD, die seit 2010 die Mehrheit in der Bezirksversammlung
hat, ist das zu wenig und zu einseitig. „Ein neues Wohngebiet muss so
geplant werden, dass es auch in 30 oder 40 Jahren noch funktioniert“, sagt
der SPD-Fraktionsvorsitzende Jürgen Heimath. Es dürfe keine Monokultur
entstehen. Deshalb sollten neben Einfamilien- und Reihenhäusern auch drei-
bis vierstöckige Stadtvillen und Wohnungszeilen errichtet werden – rund 770
Wohnungen.
„Nach dem alten Plan hätten die Erschließungskosten bei 30.000 Euro pro
Wohnung gelegen“, sagt Bezirksamtsleiter Thomas Völsch (SPD). Das sei viel
zu teuer. Nach Einschätzung von Immobilienexperten hätte solche Wohnungen
niemand gekauft, so Völsch. Der Marktbericht der Maklerfirma
Grossmann&Berger von 2009 spricht von nachgebenden Preisen für
Einfamilienhäuser „auf Märkten wie Neu Wulmstorf“.
Auch CDU-Fraktionschef Ralf-Dieter Fischer beruft sich auf Expertenrat. Im
Harburger Stadtentwicklungsausschuss hätten Vertreter der
Wohnungsbaugenossenschaften abgewunken: Sie planten nicht, dort
Geschosswohnungen zu bauen.
Der Verband Norddeutscher Wohnungsunternehmen hält den Bau von Wohneigentum
an dem Standort für sinnvoll. Mietwohnungen bauten die Mitgliedsunternehmen
anderswo in Harburg.
Im Ausschuss sei nach konkreten Bauabsichten gefragt worden, sagt dagegen
Völsch. Die Aussagen hätten sich nur auf den Moment bezogen und sagten
nichts über den künftigen Bedarf.
Ein Gutachten der Firma Empirica, auf das sich die Grünen beziehen, spricht
nach einem Vergleich des Baupotenzials mit der Nachfrage von einem „rein
rechnerischen Angebotsüberhang“ von 2011 bis 2015 im Bereich Süderelbe.
Bezogen auf 2020 gleichen sich dieses Potenzial und die Nachfrage aber aus.
Ein Drittel der nachgefragten Wohnungen wären nach Fortschreibung des
Trends Geschosswohnungen.
## 2.100 Bäume im Weg
Vor wenigen Tagen haben Fischer und Co. ein weiteres Argument für ihr
Bürgerbegehren in die Hand gespielt bekommen: Nach Auffassung des Senats
muss die ehemalige Kaserne großflächig auf Blindgänger und Munition
untersucht werden. Dazu habe sich der Senat vorbeugend eine Fällgenehmigung
für bis zu 2.100 Bäume geben lassen, sagt Daniel Stricker, der Sprecher der
Finanzbehörde.
„Das ist eine Steilvorlage“, freut sich CDU-Fraktionschef Fischer. Nach den
alten Plänen hätten nur 600 Bäume gefällt werden müssen. Er wirft dem Senat
vor, weil es einfacher und billiger ist, tabula rasa machen zu wollen.
„Dann würde man die Wohnungen in einer Wüste bauen“, sagt Fischer.
„Wir legen es nicht darauf an, alle Bäume abzusäbeln“, versichert Stricke…
Auf dem ganzen Gelände müsse jedoch mit Blindgängern und Munition gerechnet
werden – genau dort, wo in Zukunft Menschen wohnen sollen. Entweder müsse
überall sondiert und geräumt werden oder es müssten Sperrbereiche
abgesteckt werden. „Diese Verantwortung kann uns auch der Bezirk nicht
abnehmen“, sagt Stricker.
6 Jun 2012
## AUTOREN
Gernot Knödler
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