# taz.de -- Die Wahrheit: Bubble Tea statt Blasentee | |
> Falls die Bubble-Tea-Café-Dichte in Berlin weiter exponentiell ansteigt, | |
> wird es sich nachhaltig auf die städtebauliche Grundstruktur auswirken. | |
Falls die Bubble-Tea-Café-Dichte in Berlin weiter exponentiell ansteigt, | |
wird es sich nachhaltig auf die städtebauliche Grundstruktur auswirken. | |
Zuerst werden die Gentrifizierer-Clubs schließen, dann die Waschsalons, | |
schließlich auch die Ernte-23-verqualmten Eckkneipen. Das Stadtbild wird | |
sich langsam orange und grün färben, die verschiedenen, aus den letzten | |
Jahrzehnten stammenden Fonts, die „Rossmann“ oder „Sparkasse“ versprech… | |
werden vom asiatisch wirkenden Lettering abgelöst. Die Bürgersteige werden | |
kaum passierbare Landwege, weil sie knöcheltief mit Strohhalmen bedeckt | |
sind, sodass statt Autos, Rollern, Bierbikes und Segways wieder mehr | |
Pferde- und Eselkutschen unterwegs sind. | |
Irgendwann werden sich auch die Menschen verändern: Das ständige Saugen, um | |
die glibberigen kleinen Tapiokaperlen in den Rachen zu bekommen, | |
beeinflusst die Mund- und Lippenmuskulatur. Und wie immer wird sich eine | |
Mutation durchsetzen: Lachen wird in Zukunft nicht mehr möglich sein, | |
stattdessen spitzmündiges „Hür gübts keünen Breütmaulfrosch“-Lächeln. | |
Parallel wird man beginnen, Bubble Tea als Leitkultur anzusehen und | |
volksdefinierende Nationalgerichte wie Schnipo, Pommes Schranke, Molle mit | |
Korn, Grünkohl mit Pinkel, Wurstebrot mit Stopsel und Weißwurst mit Haut | |
mithilfe der Molekularküche in kleine, glibberige Perlen zu pressen und | |
diese in entsprechende Milch-Zucker-Lösungen zu werfen. | |
Es wird sich alsbald eine Bubble-Eco-Tea-Bewegung gründen, die die | |
glibberigen Perlen auf einem Brandenburger Biobauernhof aus Agar-Agar und | |
Pfeilwurzelmehl per Hand drehen lässt und nur jeden Samstag auf Ökomärkten | |
verkauft. Am Bubble-Eco-Tea-Stand bekommt man natürlich auch echte | |
Strohhalme aus echtem Stroh, durch die das Hochziehen der Perlen allerdings | |
schwierig ist, Becher aus recycelten Pommes-Pappen und lebendige | |
Tapiokakäfer zum Selbstzüchten, an deren haarige Konsistenz man sich | |
gewöhnen muss, auch weil sie ein bisschen im Hals kratzen. | |
Schließlich werden „Teekanne“ und „Messmer-Tee“ die Klage um das Paten… | |
die Bezeichnung „Blasentee“ gegen das übermächtige Bubble-Tea-Imperium | |
verlieren und 365.000 Mitarbeiter entlassen müssen, von denen nur ein | |
Drittel im nächsten Bubble-Tea-Café einen Job findet, weil das | |
althergebrachte Bubble-Tea-Handwerk computerisiert wurde. Und die | |
Blasenentzündungsrate steigt. | |
Der Einfluss des Bubble Tea auf die Sprache ist immens („Abwarten und | |
Bubble Tea trinken“, „Boston Bubble Tea Party“, „Bubble-Tea-Socken“),… | |
wird auch „Sago“ mannigfaltig in den deutschen Sprachgebrauch einfließen: | |
„Wollen doch mal sehen, wer hier das Sago hat“, oder „Sago ist nicht in d… | |
Beinen, sondern im Gemüt“. | |
Das Ozonloch wird langsam von einer Schleimschicht zugewuchert, die aus | |
heimlich in die Luft geblasenen Resten der Tapioka-Perlen einer illegalen | |
Bubble-Tea-Verklappung besteht. Somit ist es bald Essig mit der lang | |
erwarteten Klimaerwärmung. Das merkt man ja jetzt schon. | |
8 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Jenni Zylka | |
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