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# taz.de -- Stolperstein für Hermann Böse: Der begnadete Musikpädagoge
> Erinnern für die Zukunft: Gestern wurden wieder "Stolpersteine" in Bremen
> verlegt, der 536. für den Musiklehrer und Kommunisten Hermann Böse
> (1870-1943).
Bild: Der Künstler Gunter Demnig verlegt zur Rede des Schulleiters den Stolper…
„Das waren doch alles Idealisten“, sagt Sonja Maly, über Hermann Böse, den
„Volkskommissar für Bildung“ der Bremer Räterepublik 1919 und seine
kommunistischen Freunde aus dem Arbeitergesangsverein. Gestern wurde am
Hermann-Böse-Gymnasium – die Schule heißt seit 2005 nach ihrem früheren
Musiklehrer – in einer kleinen Gedenkfeier ein „Stolperstein“ zur
Erinnerung verlegt. SchülerInnen sangen, unterstützt von der Bremer
Chorwerkstatt, eine „Hymne“, die Böse selbst komponiert hatte: „Lasst uns
wie Brüder zusammen stehen, weil noch die Zukunft traumvoll liegt, ... los
aller Not, los aller Banden, leuchtet und lacht uns dann die Welt.“
Sonja Maly, heute 87 Jahre jung, war gekommen, sie kannte Böse noch
persönlich – es war ihr Klavierlehrer. Böse war ein Freund der Familie,
sagt sie, und eine große Respektsperson in den Arbeiterkreisen. Alles hatte
damit angefangen, dass der Parteitag der Sozialdemokratischen Partei
Deutschlands im Jahre1904 in Bremen stattfinden sollte. Mann wollte die
Genossen ordentlich empfangen – und gründete dazu einen
Arbeitergesangsverein, einen Männerchor. Die Resonanz bei dem Parteitag war
so gut, dass der Gesangsverein weitermachen wollte – und einen
bürgerlich-musikalisch gebildeten Leiter suchte. Es fand sich 1905 Hermann
Böse, der seit 1894 Mitglied der SPD war, „ohne Rücksicht auf seine
staatliche Anstellung“, wie sich Willy Hundertmark erinnert. Böse wurde
1907 Lehrer am „Realgymnasium“, einer Reformschule an der
Kaiser-Friedrich-Straße. Er baute ein Schulorchester auf, dem zu seinen
besten Zeiten fast jeder zweite Schüler angehörte.
Der Arbeiter-Gesangsverein – bald kamen ein Frauenchor und ein Kinderchor
dazu, mehrere hundert Singende und nicht-singende Mitglieder – war so etwas
wie ein Arbeiterbildungsverein. Zum Vortrag kamen Leute wie Erich Mühsam
(über „Kunst und Proletariat“).
Als am 6. Dezember 1918 in Bremen eine „Kommunistische Partei“ gegründet
wurde, waren viele vom Gesangsverein dabei. Sein Dirigent Hermann Böse
wurde am 10. Januar 1919 nach der Ausrufung der „Räterepublik“ zum „Leit…
des Volkskommissariats für Schule und Bildungswesen“ gewählt. Die KPD hatte
die Mehrheits-Sozialdemokraten aus dem „Rat der Volksbeauftragen“
ausgeschlossen, man beschloss die „Entwaffnung des Bürgertums“ und die
Zensur für „bürgerliche“ Zeitungen. In den vier Wochen als Volkskommissar
setzte sich Böse für den Aufbau einer Schülerselbstverwaltung ein und
untersagte den Religionsunterricht. Bekanntlich erklärten die Bremer
Banken, dass sie dieser roten Räteregierung kein Geld geben würden. Keine
vier Wochen später wurde das Intermezzo der Räterepublik militärisch
beendet. Für die Wahlen zur Nationalversammlung am 9. 3. 1919 präsentierte
die KPD Böse dann als Spitzenkandidaten.
Böse selbst führte seine Arbeit mit dem Gesangsverein mit großem Erfolg
fort, der Chor sang klassische Musik von Bach bis Richard Strauß, ein ganz
wichtiges Element seiner musikpädagogischen Arbeit war aber auch das
Volkslied.
1933 schied Böse aus dem Schuldienst aus, er gehörte später zur
„Bästlein-Jacob-Abshagen“-Widerstandsgruppe und wurde verhaftet, als ihn
1942 ein aus dem KZ entlassener Genosse unvorsichtigerweise besuchte. Die
Nazis steckten Böse in das berüchtigte Zuchthaus Fuhlsbüttel. Schwer
herzkrank wurde der 73-Jährige im Juli 1943 entlassen und starb wenige Tage
später.
1947 hat die kommunistische Fraktion in der Bremischen Bürgerschaft
beantragt, die Schule an der „Kaiser-Friedrich-Straße“ in
Hermann-Böse-Schule umzubenennen. Das lehnte die Mehrheit ab – immerhin
wurde die Straße nach Böse umbenannt. Erst im Jahre 2005, nach dem Ende des
Kalten Krieges und der DDR, wurde auf Initiative des Künstlers Michael
Weisser die Schule direkt nach ihrem „begnadeten Musiklehrer“, wie
Schulleiter Helmut Hoffmann ihn lobte, benannt.
7 Jun 2012
## AUTOREN
Klaus Wolschner
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