# taz.de -- Festnahme in Tansania: Deutscher Dschihadist in Haft | |
> Der Islamist Emrah E. reiste 2010 nach Pakistan und sorgte später für | |
> Terroralarm in Deutschland. Nun wurde der 24-jährige Wuppertaler in | |
> Afrika festgenommen. | |
Bild: Emrah E. sorgte im Herbst 2010 für mehr Polizeipräsenz auf Weihnachtsm�… | |
BERLIN taz | Ein international gesuchter Terrorverdächtiger aus | |
Nordrhein-Westfalen ist in Tansania von der Polizei festgenommen worden. | |
Emrah E. wird verdächtigt, am 28. Mai an einem Bombenanschlag von | |
Islamisten in Kenia beteiligt gewesen zu sein. | |
Seit Wochen war in Ostafrika per Foto nach dem 24-Jährigen gefahndet | |
worden, nun soll er bereits seit drei Tagen in der tansanischen Hauptstadt | |
Daressalam in Haft sitzen. Damit könnte eine beispiellose Dschihad-Karriere | |
eines deutschen Islamisten zu Ende gehen. | |
Der im osttürkischen Karliova geborene und in Wuppertal aufgewachsene Emrah | |
E. war als Teenager früh kriminell geworden und saß unter anderem wegen | |
schwerer räuberischer Erpressung im Gefängnis. Nach einer Haftstrafe | |
radikalisierte er sich in der salafistischen Szene und reiste schließlich | |
im April 2010 über die Türkei nach Pakistan. | |
Dort soll er sich al-Qaida oder einer ihr nahestehenden Gruppe | |
angeschlossen haben. Die Bundesanwaltschaft ermittelt seitdem gegen ihn | |
wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen | |
Vereinigung. Auf Fotos im Internet posierte er mit einer umgehängten | |
Kalaschnikow. Sein Kampfname: „Salahaddin“. | |
Emrah E.s kleinerer Bruder Bünyamin folgte ihm im Sommer 2010 in das | |
Kampfgebiet nahe der pakistanisch-afghanischen Grenze und starb nur wenige | |
Wochen später mit 20 Jahren bei einem US-Drohnenangriff – als erster | |
deutscher Staatsangehöriger überhaupt. In einer E-Mail nach Deutschland | |
schilderte Emrah E. damals den Tod seines Bruders: „Sein Hirn kam aus der | |
Seite heraus.“ | |
## Warnung vor Anschlägen | |
Kurze Zeit sah es so aus, als wolle Emrah E. aussteigen aus dem bewaffneten | |
Dschihad. Im Herbst 2010 meldete er sich von Pakistan aus per Telefon beim | |
Bundeskriminalamt und berichtete, er wisse von Anschlagsplänen. Als ein | |
anvisiertes Ziel nannte er den Bundestag in Berlin. Unter anderem dieser | |
Anruf war es, der dazu führte, dass der damalige Bundesinnenminister Thomas | |
de Maizière (CDU) ungewöhnlich drastisch vor Terroranschlägen in | |
Deutschland warnte, schwer bewaffnete Polizisten an die Bahnhöfe schickte | |
und das Reichstagsgebäude wochenlang absperren ließ. | |
Doch so recht schlau wurden die Behörden aus Emrah E. nicht. Mehrmals | |
telefonierte er mit den Beamten des BKA, wollte mal Sicherheit für sich und | |
seine Familie, mal eine fünfstellige Summe Geld haben. Dann brach der | |
Kontakt ab. Im Dezember 2010 hörten die deutschen Sicherheitsbehörden einen | |
Anruf von Emrah E. aus Pakistan nach Wuppertal ab. „Was macht Deutschland? | |
Haben sie viel Angst?“, wollte er wissen. „Sieht wohl so aus“, sagte seine | |
Gesprächspartnerin. War es nur das, was Emrah E. wollte? Panik verbreiten? | |
Anfang 2011 soll sich Emrah E. schließlich über Iran und Kenia nach Somalia | |
abgesetzt haben. Die Sicherheitsbehörden mehrerer ostafrikanischer Länder | |
warfen ihm zuletzt vor, ein Kämpfer der islamistischen und inzwischen offen | |
mit al-Qaida verbündeten Al-Shabaab-Milizen zu sein. In deren Reihen, so | |
der Verdacht, soll er vor zwei Wochen an einem Anschlag auf ein | |
Einkaufszentrum in Kenias Hauptstadt Nairobi beteiligt gewesen sein, bei | |
dem ein Mensch getötet wurde und mehr als 30 verletzt wurden. Was genau E. | |
im Zusammenhang mit der Tat getan haben soll, blieb aber unklar. | |
Emrah E.s Rechtsanwalt, Peter Krieger aus Bonn, wollte auf Anfrage zu den | |
Vorwürfen am Mittwoch nichts sagen. Er verlangte die Auslieferung des | |
24-Jährigen. „Aus meiner Sicht sollte er nach Deutschland gebracht werden, | |
wo ein rechtsstaatlich faires Verfahren garantiert ist“, sagte er. Kriegers | |
Befürchtung: Im Ausland könne sein Mandant „irgendwelchen Geheimdiensten in | |
die Hände fallen“. | |
13 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Wolf Schmidt | |
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Terror | |
Bombenanschlag | |
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