# taz.de -- GLAUBEN: Streit um Drei-Religionen-Schule | |
> Das Bistum Osnabrück startet nach den Ferien eine Bekenntnisschule für | |
> Juden, Christen und Muslime. Die Lehrer der bis dato staatlichen Schule | |
> halten das für falsch: Das Konzept rechtfertige die Privatisierung nicht. | |
Bild: Da herrschte noch Einigkeit: Schulleiterin Birgit Jöring (links) und die… | |
Der Plan, in Osnabrück eine katholische Grundschule in eine Schule für | |
Juden, Christen und Muslime umzuwandeln, wird von der bisherigen | |
Lehrerschaft abgelehnt. Das neue Konzept unterscheide sich nicht wesentlich | |
von dem, was die Schule bisher gemacht habe. Damit entfalle auch die | |
Rechtfertigung dafür, die Trägerschaft von der Stadt an das katholische | |
Bistum zu übergeben. Vertreter des Bistums sprachen dagegen von einem | |
bundesweit einmaligen Modell. | |
Die Johannisschule in Osnabrück ist bis dato noch eine sogenannte | |
öffentliche Bekenntnisschule. Sie wird von der Kommune getragen, richtet | |
sich aber vor allem an Kinder katholischen Glaubens. 80 Prozent der | |
Grundschüler müssen nach Landesrecht Katholiken sein – ein Wert, der sich | |
mangels getaufter Christen immer schwerer erreichen lässt. Vor zwei Jahren | |
habe zum ersten Mal nur einer von zwei Zügen dieses Kriterium erfüllt, sagt | |
die kommissarische Schulleiterin Silvia Bielefeld. | |
Der Stadtrat stand vor der Wahl, die Schule zu einer normalen öffentlichen | |
Schule zu machen oder sie als Schule mit einem religiösen Profil in die | |
Hände des Bistums zu geben. Statt eine Schule für Katholiken soll sie nun | |
eine Schule für Kinder werden, deren Eltern allgemein Wert auf eine | |
religiöse Erziehung legen – mit einem Schwerpunkt auf den drei | |
abrahamitischen Religionen, die alle die gleiche Wurzel haben. | |
„Das ist ein Angebot für Eltern, die ganz bewusst eine Grundschule mit | |
religiösem Profil wollen“, sagt Hermann Haarmann, der Pressesprecher des | |
Bistums. Die drei Religionen sollen getrennt unterrichtet, die religiösen | |
Feste aber wechselseitig zur Kenntnis genommen werden. „Die Schule wird | |
nach dem theologischen Grundsatz geführt, der von einer Gleichwertigkeit, | |
aber nicht Gleichartigkeit der Religionen ausgeht“, sagt der Initiator des | |
Projekts beim Bistum Winfried Verburg. | |
„Einen religiösen Mischmasch wird es nicht geben“, sagt die designierte | |
Schulleiterin Birgit Jöring. Die Kinder sollten sich zunächst ihrer eigenen | |
Wurzeln vergewissern, um dann zu erfahren, wo die Berührungspunkte mit den | |
anderen Religionen liegen. Johannes, der Namenspatron der Schule, spiele | |
zum Beispiel in jeder der drei Religionen eine Rolle. | |
Ziel sei es, jeweils ungefähr ein Drittel christlicher, jüdischer und | |
muslimischer Schüler zu gewinnen, sagt Haarmann. Dafür seien LehrerInnen | |
mit der entsprechenden religiösen Kompetenz eingestellt worden. „Das findet | |
man an anderen Schulen nicht“, sagt Haarmann. Darüber hinaus sei die Schule | |
offen für Kinder mit einem anderen oder gar keinem Bekenntnis. Mit knapp 60 | |
Anmeldungen für die ersten beiden Jahrgänge sei das Interesse überraschend | |
groß. | |
In der Drei-Religionen-Schule könnten die Kinder erfahren, wie | |
Gleichaltrige der jeweils anderen Religion leben, sagt die künftige | |
Schulleiterin Jöring. Die Kinder sollten lernen, „über ihre eigene Religion | |
so zu sprechen, dass Menschen anderer Religionen sie verstehen können“. | |
Während die Drei-Religionen-Schule sich von Jahrgang zu Jahrgang aufbaut, | |
wird die alte Johannisschule auslaufen. Doch keiner der alten Lehrer möchte | |
bei der neuen Schule mitmachen. „Wir unterstützen das öffentliche | |
Schulsystem und sind grundsätzlich gegen private Träger“, sagt die | |
kommissarische Schulleiterin Bielefeld. Vor allem, weil nicht zu erwarten | |
sei, dass bei dem Wechsel etwas Neues herauskomme. „Wir glauben, dass | |
dieses Konzept keine Integration leistet, die über das, was wir anbieten, | |
hinausgeht“, sagt sie. Die Johannisschule betreue Kinder aus 22 Nationen. | |
„Wir integrieren jeden Tag“, sagt Bielefeld. | |
Ihrer Erfahrung nach ist die Religion nicht der wichtigste Faktor für eine | |
gelingende Integration. Viel wichtiger sei die Sprache. „Nur über | |
Sprachvorbilder kann ich mich integrieren“, findet Bielefeld. Die | |
Johannisschule biete deshalb ab der ersten Klasse Italienisch an – eine | |
Fremdsprache, die in der Regel keines der Kinder beherrsche. So könne jeder | |
wissen, wie es ist, wenn er den anderen nicht versteht. | |
14 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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