# taz.de -- Griechischer Unternehmer über die Krise: „Den Wolf zum Schafehü… | |
> Der zypriotische Unternehmer Michaelides spricht über die griechische | |
> Krise, die Zukunft für den Handel und die Überlegenheit der deutschen | |
> Fußballnationalmannschaft. | |
Bild: Niemand weiß, wie das griechische Schuldendrama ausgehen wird. | |
taz: Was hat sich für Unternehmer seit der Schuldenkrise verändert? | |
Sophoclis Michaelides: Die Probleme fingen mit dem enormen | |
Vertrauensverlust an, der unsere Produzenten, die allesamt in Kooperativen | |
und Genossenschaften organisiert sind, traf. Die Qualität der Ware war die | |
gleiche, aber plötzlich hieß es, alle Griechen sind faul und korrupt. | |
Dieses Mistrauen, das vom unverschämten Auftreten der EU und den vielen | |
Falschmeldungen und Vereinfachungen in den Medien geschürt wurde, hat das | |
Investitionsklima in Griechenland langfristig beschädigt. | |
Was heißt das konkret für Ihr Geschäft? | |
Allein im letzten Jahr ist unser Umsatz um rund 20 Prozent zurückgegangen. | |
Die allgemeine Skepsis betrifft auch mich. Bei einer Bank, die ein | |
spezielles Kreditangebot für Unternehmen mit Sitz in Deutschland und | |
starken Auslandsgeschäften anbietet, hieß es bei der Ablehung meines | |
Antrags bloß: „Hol dir dein Geld doch in Griechenland“. Da mittlerweile vor | |
allem kleine Betriebe kaum noch Kredite bewilligt bekommen, sind viele | |
unserer Partner gezwungen, für alles komplett im Voraus zu zahlen. | |
Das erhöht natürlich auch den Druck auf die Beschäftigten. Viele | |
Arbeitgeber können sich nicht mehr so viele helfende Hände leisten. Die | |
Beschäftigten müssen Lohnkürzungen hinnehmen und in manchen Fällen bleibt | |
sogar ein Teil der Ernte auf dem Feld oder am Baum. | |
Was erhoffen Sie sich also von einer neuen Regierung? | |
Ich hatte gehofft, die Menschen in Griechenland würden den Parteien, die | |
über 30 Jahre hinweg Korruption und Kumpanei zum System gemacht haben, eine | |
eindeutige Absage erteilen. Eine Koaliton aus Neo Dimokratia und Pasok | |
bedeutet, den Wolf zum Schafehüten zu schicken. Es war absehbar, dass die | |
unsolidarische Gemeinschaft namens EU unabhängig vom Wahlausgang zu | |
Kompromissen im Sparprogramm bereit sein würde. | |
Das werden die Wahlsieger sich jetzt natürlich als ersten Erfolg | |
zuschreiben. Aber außer der Einsicht, dass das bisherige Kaputtsparen keine | |
Lösung sein kann, erwarte ich keine wirklichen Kursänderungen. Ich bin zwar | |
kein Freund der Syriza, aber ein deutliches Signal für einen Neuanfang | |
hätte ich mir vor der Wahl doch gewünscht. | |
Wäre ein Sieg für Griechenland im EM-Spiel am Freitag nicht eine | |
hervorragende Revange? | |
Normalerweise halte ich immer zur deutschen Mannschaft, aber wenn es gegen | |
Griechenland geht bin ich doch hin- und hergerissen. So sehr mich ein Sieg | |
für Griechenland freuen würde – und man sollte den Sport nicht politisieren | |
– muss man den Ball flach halten und die Überlegenheit der Deutschen | |
anerkennen. | |
18 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Marius Münstermann | |
## TAGS | |
Griechenland | |
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