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# taz.de -- Streit in der SPD: Wowereit stellt Weiche
> Der Regierende Bürgermeister setzt die Teilausschreibung der S-Bahn
> durch. Der neue SPD-Chef Jan Stöß hatte das klar abgelehnt.
Bild: Ein Teil der S-Bahn soll ausgeschrieben werden.
Ab dem Jahr 2017 könnten erstmals mehrere Unternehmen für den Betrieb der
Berliner S-Bahn zuständig sein. Am Dienstag beschloss der Senat auf Drängen
des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD) eine sogenannte
Teilausschreibung: Dabei wird kein Betreiber für das ganze Netz gesucht,
sondern nur für ein Segment, namentlich die Ringbahn. 2014 soll das
Ergebnis feststehen. Erst dann wird das Abgeordnetenhaus beteiligt und
könnte die Auftragsvergabe noch stoppen. Der neue SPD-Landeschef Jan Stöß,
der jüngst Wowereits Vertrauensmann Michael Müller aus dem Amt drängte,
hatte zuvor die Teilausschreibung klar abgelehnt.
Der aktuelle Vertrag zwischen dem Land Berlin und der Deutschen Bahn –
genauer: ihrer Tochtergesellschaft S-Bahn Berlin GmbH – läuft Ende 2017
aus. Wegen des teilweise chaotischen Betriebs und zahlreicher Ausfälle
diskutieren Senat und Parlament seit 2009 Alternativen zum jetzigen
Betreiber. Im Koalitionsvertrag einigten sich SPD und CDU auf den Versuch,
der Deutschen Bahn die S-Bahn abzukaufen – was die ablehnte – und dann die
sogenannte Gesamtausschreibung zu prüfen (siehe Kasten). Sollte diese
juristisch nicht möglich sein, sieht der Vertrag ausdrücklich eine
Teilausschreibung der Ringbahn vor.
Auf den Hinweis zur ablehnenden Haltung von SPD-Chef Stöß sagte Wowereit:
„Die Berliner SPD hat dem Koalitionsvertrag zugestimmt. Das ist der Maßstab
des Senats.“ Stöß beschränkte sich am Dienstag in einer dreizeiligen
Pressemitteilung darauf, seine bisherige Position zu wiederholen. „Wir
lehnen eine Privatisierung der S-Bahn ab“, sagte er. „Das muss die
Verwaltung sicherstellen.“
Auch der mit Stöß auf einer Linie liegende SPD-Fraktionschef Raed Saleh
sprach von „Verwaltung“ und nicht vom „Senat“: „Ich erwarte, dass die
Verwaltung im Rahmen des Koalitionsvertrags und des Haushaltsgesetzes
handelt. Die Fraktion berät nach der Sommerpause.“ Mitreden kann sie aber
erst, wenn das Vergabeverfahren 2014 beendet sein soll: Dann muss das
Parlament entscheiden, ob es die nötigen Gelder freigibt. Vorher ist allein
der Senat am Zug.
## Die Zeit drängt
Laut Wowereit und Verkehrssenator Müller drängt die Zeit, weil 2017 auch
ein Drittel aller Waggons nicht mehr fahren darf und Ersatz hermuss. Den
soll der neue Betreiber mitbringen.
Der entscheidende neue Punkt in der Ausschreibung sind die
Strafmöglichkeiten. Bei schlechter Leistung soll das Land nicht nur den
Vertrag kündigen können – es soll auch Zugriff auf den Wagenpark haben, um
andere Betreiber damit fahren zu lassen. Das war mit dem jetzigen Vertrag
auch in Zeiten des schlimmsten Chaos nicht möglich. Dort sind allein
Strafzahlungen vereinbart.
Auf der Nord-Süd-Strecke und der Stadtbahn soll auch nach 2017 vorerst die
Deutsche Bahn weiterfahren. Bis 2014 soll laut Müller klar sein, ob auch
diese beiden Teile ausgeschrieben werden. Auch auf der Ringbahn würde ein
Wechsel nur schrittweise erfolgen. Denn wenn der neue Betreiber die
benötigten 190 neuen Viertelzüge nach gewonnener Ausschreibung in Auftrag
gibt, könnte er die ersten voraussichtlich nicht vor Ende 2017 einsetzen.
Erst 2021 sollen alle Wagen zugelassen sein. Die Kunden sollen dabei
weiterhin eine S-Bahn mit einheitlichem Tarif und äußerlich gleichen Zügen
vorfinden.
Während die Grünen-Fraktion und die Industrie- und Handelskammer die
Ausschreibung als längst überfällig begrüßten, stieß sie bei der
Linksfraktion und bei der Initiative „S-Bahn-Tisch“ auf Widerspruch.
„Wowereit und Müller brüskieren die Berliner und die eigene Partei“,
empörte sich Initiativen-Sprecher Rouzbeh Taheri. Sie hätten die
Ausschreibung in einer „Nacht-und-Nebel-Aktion“ durchgepeitscht. Harald
Wolf (Linke) sieht einen Irrweg: „Der öffentliche Personennahverkehr darf
nicht privaten Renditeinteressen überantwortet werden.“
19 Jun 2012
## AUTOREN
Stefan Alberti
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