# taz.de -- Weltweiter Tag gegen Drogenmissbrauch: Sperrt das Hanf weg | |
> Es fördert den rebellischen Impuls und verhindert hohe Steuern: Das | |
> Drogenverbot. Eine Legalisierung weicher Drogen würde Konsumenten zu | |
> spießigen Leserbriefschreibern machen. | |
Bild: Wie ein Molotow-Cocktail, jedoch ohne die Sach- und Personenschäden: Ein… | |
An seinem ersten Tag sah sich der Mensch einer Welt gegenüber, die viel zu | |
komplex für seinen kleinen Geist war. An seinem zweiten Tag hatte er die | |
Tollkirsche entdeckt, oder vergorenes Obst oder Cannabis, oder, oder, oder. | |
Der Wunsch, das eigene Bewusstsein zu verändern, die Realität besser zu | |
fassen oder ihr im Gegenteil zu entfliehen, ist so alt wie die Menschheit | |
selber. | |
Der informierte Gebrauch von Rauschmitteln ist eine Kulturleistung, die | |
quasi jede bekannte Gesellschaft erbracht hat. Die Wahl der Substanzen | |
variiert stark, nicht zuletzt wegen geografischer Gegebenheiten, Zufällen | |
letztendlich, die die jeweiligen Verbote bisweilen recht absurd erscheinen | |
lassen. Schließlich genügt oft schon der Blick über eine Landesgrenze, um | |
zu sehen, dass der Gebrauch der einen oder anderen Substanz noch keine | |
Gesellschaft in den zivilisatorischen Abgrund gestürzt hat. | |
Aber Verbote sind immer da – und das ist gut so. Im besten Falle sind die | |
Verbote mehr soziale Normen denn geschriebenes Gesetz und dienen im | |
Wesentlichen dazu, den Einzelnen daran zu erinnern, dass das Leben nunmal | |
einige Anforderungen stellt, die eine gewisse Nüchternheit verlangen. | |
Probiert werden darf alles; wird der Exzess aber Normalzustand, greift die | |
Gemeinschaft notfalls ein, hilft bei der Landung und führt auf den rechten | |
Pfad, den des verantwortungsvollen Konsum, zurück. | |
## Das Verbot ist eine Droge | |
Nun ist das Verbot aber selber eine Droge, eine nicht-stoffliche zwar, aber | |
immerhin. Das Verbot ist der Humus aus dem die Macht ihren Rausch nährt. | |
Insofern ist das Verbot, das gesetzliche vor allem, irrational und sich | |
selbst genügend. Es will nicht helfen, auch wenn es, wie man es von einem | |
Suchtmittel erwarten darf, die Anwender dazu verleitet, das Gegenteil zu | |
behaupten. Das Verbot ist ein Werkzeug der Kontrolle, der Maßregelung, der | |
Selbstbestätigung, kurz: der Unterdrückung. | |
Das bedeutet aber auch, dass der Gebrauch der verbotenen Substanz ein Akt | |
des Widerstandes gegen eben jene Unterdrückung ist. Oft gänzlich unbewusst, | |
zumindest meistens ungewollt, ist jede gedrehte Tüte so etwas wie ein | |
Molotow-Cocktail, geworfen auf die Repräsentanten des Schweinesystems, | |
jedoch ohne die Sach- und Personenschäden. | |
Für nicht wenige Menschen, die sonst niemals einen ernsthaften rebellischen | |
Impuls spüren (oder überhaupt irgendeinen Impuls, wenn es zu Cannabiskonsum | |
kommt), ist der Erwerb und Konsum von illegalisierten Drogen der einzige | |
Kontakt zu einer Ideenwelt, die gesellschaftliche Zustände und Regeln in | |
ihrer Beschaffenheit als willkürlich empfindet. | |
Was würde also zum Beispiel eine Legalisierung der so genannten weichen | |
Drogen bewirken? Lauter Teilzeitkriminelle, mündige Bürger mit gesundem | |
Misstrauen gegen eine irrwitzige Gesetzgebung würden zu braven Konsumenten | |
werden, die sich in Leserbriefen über die Preisentwicklung und Besteuerung | |
ihres Rauschmittels beschwerten – Steuern übrigens, von denen ohnehin nur | |
wieder die verlängerten Laufzeiten von Atomkraftwerken oder | |
Hermesbürgschaften für gepanzerte Fahrzeuge in Bürgerkriegsregionen | |
finanziert würden. | |
Nein, statt dessen soll der Berliner CDU applaudiert werden, die die bisher | |
von strafrechtlicher Verfolgung freigestellte Eigenbedarfsmenge von 15 | |
Gramm [1][mindestens halbieren will]. Klare Ansagen, klare Fronten. Und mal | |
ehrlich: Wer zum Henker führt 15 Gramm Marihuana zum Verzehr mit sich | |
herum? 2-3 Gramm sind ja wohl mehr als genug, um übers Wochenende zu | |
kommen. | |
26 Jun 2012 | |
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## AUTOREN | |
Daniél Kretschmar | |
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