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# taz.de -- Kommentar Grüne und Fiskalpakt: Angst vor dem Wählerfrust
> Statt Abweichler in der eigenen Partei zu disziplinieren, sollte die
> Grünen-Spitze ihnen danken. Denn sie signalisieren, dass der Partei ihre
> Basis nicht ganz egal ist.
Die Grünen stecken beim Streit über Europas historisches Sparpaket in einem
klassischen Dilemma. Ihre Wählerschaft will beim Fiskalpakt etwas anderes
als große Teile der Partei. Die Parteispitze muss also einen Widerspruch
verwalten, der schwer aufzulösen ist. Und die Tatsache, dass ein Viertel
der Fraktion gegen den von ihren ChefInnen verhandelten Fiskalpakt stimmen
will, liefert dafür nur den letzten Beweis.
Die klassische Grünen-Wählerschaft – gebildet, entsprechend gut verdienend,
kulturell interessiert – hat durchaus ein Herz für Europa. Man schickt die
Tochter zum Erasmus-Jahr nach Barcelona, goutiert die unkomplizierte
Städtereise, pflegt Freundschaften und kennt auch die ökonomischen Vorteile
des gemeinsamen Wirtschaftsraums.
Doch trotz dieser Affinität ist ihre Bereitschaft zur länderübergreifenden
Milliardenhilfe begrenzt. Denn die leistungsbereite Mittelschicht teilt
verbreitet das Gefühl, sowieso zu viel Steuern zu zahlen. Sie legt Wert auf
Abgrenzung von Verlierern, gerade in der Krise nimmt die Angst vor dem
eigenen Absturz zu.
Deshalb ist die Zustimmung der Grünen-Wähler zum Fiskalpakt in Umfragen
riesig, deshalb finden sie Kanzlerin Angela Merkel gar nicht mal übel. Und
die Grünen-Spitze starrt ängstlich auf diesen wachsenden Frust. Und sie
möchte ihn ebenso bedienen, wie es die Kanzlerin tut.
Vielen an der Basis reicht diese Gratwanderung nicht mehr, hier wächst das
Bedürfnis nach klarer Kante gegen Merkels brutale Sparpolitik. Wenn sich
schon ein Funktionärsgremium wie der Länderrat nur äußerst knapp zum Ja für
den Fiskalpakt durchringt, hätte ein regulärer Parteitag sicher abgelehnt.
Die Herausforderung für die Grünenspitze ist also, auf Ängste der Wähler zu
reagieren, dabei aber die eigene Partei nicht zu verlieren. Und statt die
Abweichler in der Fraktion zu disziplinieren, sollte sie ihnen danken. Denn
sie signalisieren der Parteibasis, dass sie nicht völlig irrelevant ist.
28 Jun 2012
## AUTOREN
Ulrich Schulte
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