# taz.de -- Identität von Müttern 16 Jahre schützen: Vertrauen statt Klappe | |
> Familienministerin Kristina Schröder setzt auf Möglichkeiten zur | |
> „vertraulichen Geburt“. Damit sollen die umstrittenen Babyklappen | |
> überflüssig gemacht werden. | |
Bild: Lebensrettende Hilfe: Etwa 100 Babyklappen gibt es derzeit in Deutschland. | |
BERLIN epd | Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) will | |
Babyklappen durch die Möglichkeit zur „vertraulichen Geburt“ überflüssig | |
machen. Das geht aus einem überarbeiteten Eckpunktepapier des | |
Familienministeriums hervor, das dem epd vorliegt. Die Daten der Mutter, | |
die bei der Geburt ihre Identität nicht preisgeben will, sollen demnach | |
künftig 16 Jahre unter Verschluss gehalten werden. Danach kann das Kind | |
seine Abstammung erfahren. | |
Staatlich anerkannte Schwangerschaftsberatungsstellen sollen Frauen | |
betreuen, die ihr Kind unter Wahrung der Vertraulichkeit gebären wollen. | |
Die Beratung ist anonym. Eine dauerhafte Anonymität ist nach dem | |
Eckpunktepapier allerdings nicht möglich. Der Staat habe das Grundrecht des | |
Kindes auf Kenntnis seiner Herkunft zu schützen und dürfe ihm die Daten der | |
Mutter nicht übermäßig lange vorenthalten, heißt es. | |
Die Daten der Mutter sollen daher geprüft und in der | |
Schwangerschaftsberatungsstelle aufbewahrt werden. Zum Ende des 16. | |
Lebensjahres eines Kindes werden sie an die zuständige Adoptionsvermittlung | |
gesendet und können vom Kind eingesehen werden. | |
So würden auch die Interessen der Mutter berücksichtigt: „Nach 16 Jahren | |
ist davon auszugehen, dass sie ihre psychosoziale Konfliktlage bewältigt | |
hat“, heißt es in dem Papier. Im Einzelfall kann eine Mutter auch nach 16 | |
Jahren bei der Adoptionsvermittlung „geltend machen, dass ihre Belange das | |
Auskunftsinteresse des Kindes überwiegen“. | |
## Bestehende Babyklappen vorläufig dulden | |
In das Geburtsregister soll nach dem Eckpunktepapier das Pseudonym der | |
Mutter aufgenommen werden. Vertrauliche Geburten werden künftig statistisch | |
gesondert erfasst. Bis zum Abschluss eines Adoptionsverfahrens soll die | |
Mutter die Möglichkeit haben, sich doch noch für ihr Kind zu entscheiden. | |
Die umstrittenen Babyklappen werden nicht ausdrücklich verboten. Schröder | |
will die bestehenden Babyklappen weiterhin dulden, wenn auch nur vorläufig. | |
Dafür müssen Mindestanforderungen erfüllt werden: So müssen Betreiber unter | |
anderem zusichern, in Babyklappen abgelegte Kinder spätestens nach einem | |
Tag den Behörden zu melden und dem Jugendamt zu übergeben. | |
Anderenfalls sollten die Länder „konsequent einschreiten“. Die | |
vertraulichen Geburten sollen zeitgleich evaluiert werden, so dass später | |
auch über eine Beendigung oder Legalisierung der Babyklappen entschieden | |
werden kann. | |
Nach derzeitigem Rechtsstand sind anonyme Geburten illegal, eine Reihe von | |
Kliniken ermöglicht sie jedoch in Notfällen, um die Gesundheit von Mutter | |
und Kind nicht zu gefährden. Einer Studie des Deutschen Jugendinstituts | |
zufolge sind sie derzeit in rund 130 Kliniken möglich. | |
## Die meisten Kinder wurden adoptiert | |
Seit 1999 seien fast 1.000 Kinder in die rund 100 Babyklappen abgelegt oder | |
in Kliniken anonym geboren worden, hieß es. Die meisten von ihnen wurden in | |
Adoptivfamilien vermittelt. Die Studie machte vor einigen Monaten | |
Schlagzeilen, weil bei rund einem Fünftel der anonym geborenen oder in | |
Babyklappen gelegten Kindern der anschließende Verbleib ungeklärt ist. | |
Die Babyklappen sind seit längerem in rechtlicher und ethischer Hinsicht | |
umstritten. Der Deutsche Ethikrat hatte 2009 mehrheitlich empfohlen, die | |
Angebote zur anonymen Kindsabgabe zu schließen. Viele Babyklappen werden | |
von kirchlichen Einrichtungen getragen. | |
4 Jul 2012 | |
## TAGS | |
Geburt | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Gesetz über anonyme Geburt: In Not ohne Not ein Kind bekommen | |
Schwangere sollen künftig ihre Kinder auch anonym gebären können. Das hat | |
das Kabinett beschlossen. So sollen Frauen besser geschützt werden. | |
Adoptionen in Deutschland: Sieben Bewerber für ein Kind | |
Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland 4.060 Kinder adoptiert, etwas | |
mehr als noch 2010. Zugleich gab es so wenig adoptionswillige Eltern wie | |
nie seit der Wiedervereinigung. | |
Czaja hält an Angebot fest: Babyklappen bleiben offen | |
CDU-Gesundheitssenator Czaja weist Kritik von CDU-Bundesministerin Schröder | |
an Babyklappen zurück. Auch SPD und Grüne sind gegen eine Änderung. | |
Studie zu Babyklappen: Eintausend Säuglinge gerettet | |
Erstmals gibt eine Studie Auskunft über Frauen, die ihre Babys anonym | |
weggeben. Sie handeln oft aus Panik – und manche wollen später ihr Kind | |
zurück. |