# taz.de -- Die Räumungsfrist ist abgelaufen: Rummel um Wagenburg | |
> Statt ihren Platz wie gefordert zu räumen, besetzen ihn die | |
> Friedrichshainer Wagenburgler. Der Liegenschaftsfonds droht mit der | |
> Polizei. | |
Fünf Tage sind sie schon über der Zeit. Eigentlich sollte die Wagenburg | |
Rummelplatz bis Ende Juni ihre 15 Wagen von dem baumbewachsenen Grundstück | |
an der Friedrichshainer Friedenstraße räumen. So wollte es der Eigentümer, | |
der Liegenschaftsfonds. „Wir haben beschlossen zu bleiben!“, tackerten die | |
Wagenburgler jedoch an ihr Holzlatten-Tor. Das tun sie bis heute. | |
Holger Lippmann, Geschäftsführer des Liegenschaftsfonds, nennt das | |
„unfair“. Man habe die Wagenburg, als diese gerade ihren Platz in | |
Lichtenberg verloren hatte, im Dezember 2011 als Zwischennutzer auf dem | |
unbebauten Grundstück aufgenommen. „Es war von vorneherein klar, dass sie | |
nur bis Ende Juni bleiben können“, so Lippmann. Das Gelände befinde sich | |
bereits in einem laufenden Bieterverfahren. Zuletzt habe man dem Wagenplatz | |
auch ein Ersatzgrundstück in Hohenschönhausen angeboten – vergebens. | |
Lippmann kündigte an, dem Rummelplatz in Kürze einen Räumungstitel | |
zuzustellen. Eine Räumung könne dann „eher in Tagen als in Wochen“ folgen. | |
Auf dem Wagenplatz, ursprünglich 2010 in Rummelsburg gegründet, gibt man | |
sich am Mittwoch entspannt. Bewohner lesen im Schatten Bücher, schlürfen | |
Limo, in einem Wagen wird Kaffee gekocht. „Wir glauben nicht, dass der | |
Liegenschaftsfond die Sache eskalieren will“, sagt Bewohner Tom, der seinen | |
richtigen Namen nicht in der Zeitung lesen will. Man sei geblieben, weil | |
man sich nicht an den Stadtrand abschieben lasse: „An der | |
Verdrängungsspirale werden wir uns nicht beteiligen.“ Und noch sei ja | |
völlig unklar, wann auf dem jetzigen Grundstück gebaut werde. „Solange | |
können wir doch bleiben.“ | |
Beim Bezirk gibt man sich optimistisch. Momentan werde über einen Umzug auf | |
ein Ersatzgrundstück in Kreuzberg verhandelt, sagt Vizebürgermeister Peter | |
Beckers (SPD). „Wir sind auf einem guten Weg." Die Bewohner wären zu einem | |
Umzug in der Innenstadt bereit. „Dann braucht es endlich aber auch eine | |
langfristige Perspektive“, so Tom. Beckers sprach von einer Nutzungsdauer | |
von „mindestens einem Jahr“. | |
Ungemach droht den Wagenburglern aber noch von anderer Seite. Ein | |
Hausbesitzer in der Friedenstraße drohte mit Klage ob der Rollheimer und | |
verwies auf ein Urteil von 2002. Damals hatte das Berliner | |
Verwaltungsgericht Nachbarn des Schwarzen Kanals zugebilligt, dass die | |
Wagenburg ihre Immobilien „wertmindere“. Wagenburgen seien baurechtlich | |
nicht als Wohnform vorgesehen und werteten somit das Baugebiet ab, so die | |
Richter damals. Ob das Urteil heute so noch einmal fallen würde, ist | |
umstritten. In Justizkreisen heißt es, dies müsse wohl im Einzelfall | |
entschieden werden. | |
Auch Bezirksstadtrat Beckers würde eine „individuelle Prüfung“ erwarten, | |
käme es zu einer Klage: „Eine Wagenburg per se als störend zu berurteilen, | |
erscheint mir abwegig.“ Noch abwegiger wird es, wenn man liest, wie der | |
Liegenschaftsfonds das Grundstück in der Friedenstraße bewirbt. Die Lage, | |
heißt es in einer Annonce, sei durch seine „bunte Kulturszene | |
außerordentlich beliebt“. Das dürfte auch Wagenburgen meinen. Abwertung | |
klingt anders. | |
5 Jul 2012 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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