# taz.de -- Kolumne Die Kriegsreporterin: Nicht mal vor Kindern machen Sie Halt | |
> Münchner Journalistenmänner vermissen den Bernd, „Nido“ scheitert an | |
> Kristina Schröder, Donald Duck kungelt mit der „Bild“ und die „brand | |
> eins!“ hilft der Pharmalobby. | |
Hallo, taz-Medienredaktion! | |
Ja, das hat man davon, wenn man nicht weiß, wo man die Ohrenstöpsel | |
gelassen hat! So viel Geheule um „den Bernd“, der einfach nicht mehr da | |
ist, wo man ihn sonst so traf: an der Bar. | |
Aber nicht nur meine Ohrenstöpsel kann ich nicht finden, auch die Lücke, | |
die seit dem Tod des Filmproduzenten klafft, wie aus Anlass der Münchner | |
Filmfestspiele und der Dokumentation „Der Bernd“ in jedes erdenkliche | |
Medium hineingeschluchzt wurde, sehe ich nicht. Dafür fällt auf, dass das | |
Wehklagen vor allem aus den Kehlen männlicher Journalisten aus dem Raum | |
München kommt. Ich nehme an: Saufkumpanen. | |
„Der Bernd“ ist einem Herzanfall erlegen. Wie Töten durch Umarmung geht, | |
hat dieser Tage Nido erfahren, eine in der Telefonzentrale von Gruner & | |
Jahr unbekannte Familienzeitschrift aus der Heft-Familie des Sterns. Lange | |
Zeit hatte man bei Gruner nicht kapiert, dass man mit den Nido-Lesern eine | |
austauschwillige Leserschaft am Wickel hat, und ihnen statt einem | |
lebendigen Webauftritt eine Visitenkarte mit dreimal Klicken gegönnt. | |
Nun, zum Start einer zeitgemäßen Seite hat man eine Aktion mit | |
Aufmerksamkeitspotenzial konzipiert und spricht sich gegen die | |
Familienpolitik Kristina Schröders aufs. Menschen werden aufgefordert, eine | |
Petition gegen die familienpolitische Bruchpilotin zu unterschreiben. Und | |
was macht Frau Schröder? Sie gratuliert Nido zu der tollen Aktion und | |
schiebt noch mal alle Verantwortung für die nicht vorhandenen Kita-Plätze | |
von sich. Mal gar nicht faul, twittert sie das Ganze grad so, als würde sie | |
ihrer PR-Agentur für die gute Arbeit danken. | |
Immerhin haben die Nidos im Netz eine deutliche Antwort auf das | |
Umarmungsmanöver gefunden. Doch möchte man allen, die Ähnliches planen, | |
Nido als Beispiel zeigen, auf dass sie aus deren Fehler lernen und solchen | |
Umarmungsmöglichkeiten vorbeugen. | |
Dass das Böse nicht vor den Kindern Halt macht, erfahren wir nicht nur | |
durch Nido und Katie Holmes’ Flucht vor Tom Cruise. Auch Micky Maus ist | |
unterwandert. Der mediale Teufel persönlich hat sich eingenistet, um | |
Kinderhirne zu waschen. Er kommt in Form des „60 Jahre Bild Jubiläumscomic“ | |
daher, in dem Donald die Bild liest. Darunter steht: „Dieser Comic erschien | |
vorab am 23. Juni in der Sonderausgabe der Bild-Zeitung mit einer Auflage | |
von 41 Millionen Exemplaren – Weltrekord!“ | |
Clever, clever, denn mit Weltrekorden lassen sich Kinder fangen, das weiß | |
man. Komisch ist zwar „vorab“, denn man darf den Abdruck des Comics in der | |
Jubiläumsausgabe sicherlich als das eigentliche Ereignis sehen, aber das | |
ist den Gören egal, die die Bild als normale – und eben von Donald | |
empfohlene – Zeitung begreifen sollen. | |
Nicht unbedingt von Donald empfohlen, doch hochseriös kommt die Pharmalobby | |
daher, wenn sie sich von brand eins ein hübsches, 130 Seiten starkes | |
Magazin mit dem Titel „Hilfe! Zwischen Krankheit, Versorgung und Geschäft“ | |
basteln lässt, das genauso aussieht wie eine Ausgabe von brand eins. | |
Kennst du, Medienredaktion, Gerd Glaeske? Der Professor Doktor ist | |
derjenige, den die „Tagesthemen“ oder der Spiegel vor die Kamera stellen, | |
wenn sie was Schlaues zum Thema „Pharma“ brauchen. Niemand Geringeres hat | |
für mich das Heft betrachtet und kommt zu dem Schluss, dass es „gut | |
recherchiert ist, die Daten sind gut zusammengepackt“, dass jedoch | |
geschickt „die aktuell drängenden Fragen ausgeklammert werden“. So fehlt | |
etwa „ein kritischer Beitrag zu den Problemen des Pharmamarktes wie Preise, | |
Scheininnovation und zur Kosten-Nutzen-Bewertung“. | |
Mit einem pfui, pfui, brand eins! zurück nach Berlin! | |
11 Jul 2012 | |
## AUTOREN | |
Silke Burmester | |
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