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# taz.de -- Attentat auf Imam in Schweden: Kopfschuss kurz vor dem Mittagsgebet
> Gegen mehrere Usbeken in Schweden ist Anklage erhoben worden. Sie sollen
> für das Attentat auf einen oppositionellen Imam verantwortlich sein.
Bild: Obidchon Kori Nasarow galt als wichtigster usbekischer Oppositioneller im…
STOCKHOLM taz | Der Anschlagsort liegt schräg gegenüber der Polizeistation.
Im Treppenaufgang eines Mietshauses war Obidchon Kori Nasarow am 22.
Februar 2012 auf dem Weg zum Mittagsgebet in der Moschee mit einer
schallgedämpften Waffe in den Kopf geschossen worden. Doch dass der
Flüchtling aus Usbekistan in Gefahr sein könnte, dass er sich konkret
bedroht fühlte und bei der schwedischen Sicherheitspolizei wenige Tage vor
dem Attentat um Polizeischutz gebeten hatte – das wusste die örtliche
Polizei in Strömsund nicht.
Ende vergangener Woche hat die schwedische Staatsanwaltschaft nun Anklage
erhoben. Der Staatsanwalt ist überzeugt, dass tatsächlich politische Motive
hinter der Tat stehen und viel dafür spricht, dass die Drahtzieher des
Anschlags in Taschkent zu suchen sind.
Strömsund in der nordschwedischen Provinz Jämtland ist ein Zentrum
usbekischer Flüchtlinge in Schweden geworden. Über 200 der 3.500
EinwohnerInnen kommen aus dem zentralasiatischen Staat. Der Imam Nasarow,
der eine fundamentalistische Auslegung des Islams predigt und ein bekannter
Regimekritiker ist, war schon 1998 aus Usbekistan geflüchtet und 2006 nach
Schweden gekommen. Taschkent hatte ihn des Terrorismus beschuldigt und über
Interpol international zur Fahndung ausschreiben lassen.
Die schwedischen Behörden fanden keine Gründe für diese Beschuldigungen und
stellten ihm eine permanente Aufenthaltserlaubnis aus. Nasarow, der seinen
Namen in Obidkhon Sobitkhony änderte, wurde zu einer zentralen Figur der
usbekischen Gemeinde in Strömsund und Schweden und gilt auch als
Mitinitiator der im Mai 2011 in Berlin gegründeten Oppositionsbewegung
Peoples Movement of Uzbekistan.
## Internationale Fahndung nach dem Attentäter
In seiner für das Regime Usbekistans unbequemen Oppositionsrolle vermutet
die schwedische Staatsanwaltschaft den Hintergrund für den Anschlag auf den
54-Jährigen. „Jedenfalls haben wir kein anderes mögliches Motiv gefunden“,
sagt Krister Petersson von der Sonderstaatsanwaltschaft für internationale
Straftaten in Stockholm, der am vergangenen Freitag Anklage gegen zwei
Beschuldigte erhoben hat.
Ein im südschwedischen Malmö lebendes usbekisches Paar soll dem
mutmaßlichen eigentlichen Attentäter Juri Y. – einem 34-Jährigen mit
usbekischem Pass, der zwei Tage nach der Tat mit dem Flugzeug Richtung
Moskau verschwand und nach dem von Stockholm mittlerweile international
gefahndet wird – Beihilfe zum Mordversuch geleistet haben.
Der 31-jährige Bakhodir P. und die gleichaltrige Nodira A., eine politisch
aktive Studentin, sollen Y., der sich im Vorfeld des Attentats mehrfach in
Schweden aufgehalten hatte, bei Tatvorbereitungen geholfen haben. Dies
bestreitet das Paar. Sie seien von einem Verwandten gebeten worden, diesem
angeblichen Geschäftsmann bei einigen bürokratischen Angelegenheiten zu
helfen und zeitweise bei sich aufzunehmen. Nun fühlten sie sich getäuscht
und betrogen.
Auch Schwedens Sicherheitsbehörden stehen wegen des offenbar mangelhaften
Schutzes von Nasarow, der seit dem Attentat im Koma liegt, jetzt in der
Kritik. Die Menschenrechtsorganisation Association for Human Rights in
Central Asia (AHRCA) behauptet, Nasarow habe Stockholm vergeblich um
Personenschutz gebeten. Sara Kvarnström, Pressesprecherin der schwedischen
Sicherheitspolizei Säpo wollte diese Anfrage „prinzipiell“ nicht
kommentieren, da man sich zu Einzelfällen nicht äußere. Die Säpo hat aber
den Verdacht, dass Usbekistan zu den Ländern gehört, die unter in Schweden
lebenden Regimekritikern „Flüchtlingsspionage“ betreiben.
Während das usbekische Staatsfernsehen Stockholm in einer im Mai 2010
ausgestrahlten Dokumentation anklagte, Terroristen und religiösen
Extremisten, darunter Nasarow, eine Heimstatt zu gewähren, wirft Nadejda
Atayeva, Präsidentin der in Frankreich beheimateten AHRCA, in einem
schwedischen Zeitungsinterview EU-Ländern insgesamt vor, aufgrund ihres
Desinteresses und ihrer Passivität gegenüber den Aktivitäten des
usbekischen Regimes in ihren Ländern zu politischen Morden und
Terroraktivitäten regelrecht einzuladen.
11 Jul 2012
## AUTOREN
Reinhard Wolff
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