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# taz.de -- Region Bordeaux: Der Wein betrinkt uns
> Frankreichs Südwesten ist berühmt für seinen Wein. Die sandgestrahlte,
> verkehrsberuhigte Altstadt von Bordeaux ist beispielhaft für eine
> gelungene Stadtplanung.
Bild: Durch die Weinfelder im Bordeaux.
Es ist dieser schwere tanninhaltige rote Bordeaux, den Oskar mit
Kennermiene im Mund schwenkt, kostet, nach versteckten Duftnoten aussaugt.
Vanille, Brombeere, ein Hauch von Zimt. Wein ist Handwerk, ist Kunst, ist
Geschmack, Lebensstil, Luxus. Etwas für Könner, Kenner, Lebemänner. Wie
Oskar, der Connaisseur unserer Reisegruppe ins Bordeaux.
Und für Chinesen. Die fallen scharenweise im Bordeaux ein, um Grand Cru und
Cru Bourgeois zu erobern und aufzukaufen. Mit echten Gucci-Täschchen
holpern geschäftige Chinesinnen auf High Heels übers Kopfsteinpflaster der
verkehrsberuhigten Altstadtstraßen von Bordeaux. China ist längst der
Topabsatzmarkt für Bordeauxwein, gefolgt von Deutschland.
Schon die Römer handelten von hier Wein, und noch heute ist Bordeaux das
bedeutendste Handelszentrum Südwestfrankreichs. Beispielsweise das
Handelshaus Millésima am Platz Bordeaux: 2.500.000 Flaschen Magnum, Grand
Cru, Jéroboams und Imperiales lagern hier und werden an private
Weinliebhaber weltweit versandt.
Während sich Lustmolch Oskar am hellen, sandgestrahlten Place Sant Pierre,
wo einst die Pilger vor der Kathedrale auf ihrem harten Weg nach Santiago
darbten, mit Austern verlustiert, bewundern wir die riesige, rechteckige
Wasserpfütze, in der sich die Gebäude der alten Renaissancebörse am Ufer
der Garonne spiegeln. Hier am „reflecting pool“ suchen Touristen, Kinder,
Flaneure und Jogger Kühlung im Wassernebel, der an und ab aufwallt. Oder
sie planschen im knöchelhohen Wasser dieses die Gebäude auf der anderen
Straßenseite reflektierenden Riesenpools, den der Landschaftsarchitekt
Michel Corajoud plante und der Brunnenarchitekt J. M. Llorca baute.
Allenfalls ein eiliger Fahrradfahrer scheucht in der fast autofreien
Altstadt Flaneure und Shopper zur Seite. Auf den schattigen Plätzen spielen
Kinder, Touristen rasten, Einheimische palavern. 1994 wurde das groß
angelegte Projekt zur Stadtsanierung und Verkehrsberuhigung vorgestellt.
Die historischen Gebäude der vollständig erhaltenen Altstadt wurden
saniert, die Front zur Garonne restauriert und Neubauten wie die Cité
Mondiale du Vin ins Stadtbild eingefügt. Das Hauptziel: die Innenstadt
wieder mit der Garonne zu vereinigen. Die alten Lagerhallen am Ufer sind
teilweise abgerissen oder zu Outlets umgestaltet, Radwege und Promenaden
wurden gebaut und die Industriebrachen der rechten Garonneseite mit neuer
Bebauung versehen.
Die Stadtsanierung von Bordeaux ist gelungene Stadtplanung: Bordeaux steht
heute an dritter Stelle der lebenswerten Städte Frankreichs. Mit ihren
60.000 Studenten und den Familien, die zurück ins attraktive Stadtzentrum
ziehen, ist sie eine junge Fahrradstadt vor alter Kulisse. Die unter
Bürgermeister Alain Juppé herausgeputzte Stadt erhielt als Ensemble 2007
den Status Unesco-Weltkulturerbe. Oskar meint, dass vor allem die Foie gras
den Weltkulturerbe-Status verdient hätte.
## Verkostung und Gutsbesichtigung
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Château Margaux, Château Lafite-Rothschild, Château Haut-Brion, Château du
Taillan, Château Haut-de-Lerm - die französischen Winzer um Bordeaux im
Médoc, Saint-Émilion, Entre Deux Mers waren keine schlichten Weinbauern,
sondern Schlossherren. Dementsprechend prätentiös ist ihr Produkt,
traditionsbewusst ihr Label. Dass sich heute auch Frauen erfolgreich unter
den Winzern tummeln wie im Château du Taillan im Médoc oder im Château
Haut-de-Lerm in Entre Deux Mers ist manchmal eine Frage der Erbfolge, immer
jedoch eine Frage der Leidenschaft.
Christelle Gonthier führt zusammen mit ihrer Schwester Valéry das Château
Haut-de-Lerm. Ihren Job als Managerin hat sie an den Nagel gehängt, um im
Familienbetrieb ökologischen Wein zu produzieren und nebenbei den
regionalen Tourismus mit Gutsbesichtigungen und Winzerspeise à la Bordeaux
zu bereichern. Die Foie gras, die wir schlechten Gewissens schlemmen,
schmeckt ausgezeichnet. Oskar wäre lieber zu einem klassischen Weingut nach
Saint Émilion gefahren. Er vermisst den Holzgeschmack in Christelles
Biowein aus Stahlfässern.
Einige der Châteaux können wie Château Haut-de-Lerm von Touristen besucht
werden. Verkostung von Wein und regionalen Produkten inklusive. So hat auch
Oskar seinen Lieblingswein gefunden. Ein samtiger Roter aus 50 Prozent
Cabernet Sauvignon und 50 Prozent Merlot Traube, Jahrgang 1998. Er schlotzt
ihn zufrieden zur ersten und einzigen Zigarre auf dieser Reise. Eine
Havanna. Selbstverständlisch
14 Jul 2012
## AUTOREN
Edith Kresta
## TAGS
Reiseland Frankreich
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