| # taz.de -- Kommentar Microsoft: Microsoft hat wieder geschummelt | |
| > Immer wieder versucht der Konzern mit schmutzigen Tricks, die | |
| > Fehlentscheidungen des Managements wettzumachen. Umsonst. Microsoft ist | |
| > der Konkurrenz nicht mehr gewachsen. | |
| Eigentlich hatte sich Microsoft ganz fest vorgenommen, endlich fair zu | |
| werden. Doch einmal mehr sind die schlechten Angewohnheiten mit dem Konzern | |
| durchgegangen, diesmal gleich 28 Millionen Mal: So oft wurde der hauseigene | |
| „Internet Explorer“ – das Programm, mit dem sich das Web durchstreifen | |
| lässt – Windows-Neukunden aufgezwungen. | |
| Dabei muss der Konzern auf Druck der EU-Kommission seit drei Jahren Windows | |
| Nutzern die Wahl lassen, mit welchem Programm sie ins Internet gehen. 1,6 | |
| Milliarden Euro Bußgelder zahlte der Konzern an die Kommission bislang für | |
| seine Starrsinnigkeit. | |
| Das nun eingeleitete Kartellverfahren weckt Erinnerungen an eine schon fast | |
| verblasste Ära, als Microsoft noch übermächtig war: In den 1990er Jahren | |
| diktierte der Konzern als „Herr von Windows“ den Markt und das | |
| Innovationstempo in der PC-Industrie. Bill Gates Geschäftsmodell, | |
| Software-Monopole zu kultivieren, um anschließend die Kundschaft unbegrenzt | |
| zu melken, machte ihn zum reichsten Mann der Welt. | |
| ## Die Fehler von Bill Gates | |
| Doch seitdem das freie Internet unseren Alltag und die IT-Industrie | |
| revolutioniert hat, funktioniert die Strategie nicht mehr. 1995 tat Bill | |
| Gates das Internet noch als „Hype“ ab. Er hat nicht kommen sehen, dass das | |
| Netz neue Anbieter, neue Technologien und neue Märkte hervorbrachte. | |
| Microsoft zeigte dieser Konkurrenz nicht gewachsen. Der Konzern erkannte | |
| neue Entwicklungen nicht rechtzeitig und versuchte dann Jahre später, sie | |
| zu imitieren. | |
| Systematische Fehleinschätzungen zählen auch unter Gates Nachfolger Steve | |
| Ballmer zur Routine: Einen E-Reader mit Touchscreen hatten Microsoft | |
| Ingenieure schon 1998 entwickelt. Das Management sah dafür keinen Markt. | |
| Einen iPad ähnlichen Tablet PC präsentierte der Konzern im Jahr 2000 – zehn | |
| Jahre vor Apple. Den iPod verschlief der Konzern ebenso wie das iPhone – | |
| seinen jahrelangen Vorsprung mit dem Smartphone Betriebssystem Windows CE | |
| verspielte Microsoft hilflos an Apple und Google. | |
| Der „Internet Explorer“ illustriert also nur einmal mehr, wie Microsoft | |
| immer mehr an Boden verliert. Von einem Monopol, wie es die EU Kommission | |
| suggeriert, kann längst keine Rede mehr sein: Innerhalb der letzten drei | |
| Jahre hat sich der Marktanteil des Programms bei Desktop PCs auf 32 Prozent | |
| nahezu halbiert. Es herrscht ein harter Wettbewerb, den zur Zeit Googles | |
| Browser „Chrome“ anführt, gefolgt von „Internet Explorer“ und „Firef… | |
| ## Strafbewehrte Auflagen ignoriert | |
| Die anhaltende Selbst-Demontage des einst größten Softwarekonzerns der Welt | |
| werden auch Microsofts kleine schmutzige Tricks nicht aufhalten können. | |
| Allerdings steht auch die EU Kommission in der Browser-Affäre nicht gerade | |
| gut da: Sie muss nun erklären, wieso Microsoft anderthalb Jahre lang | |
| strafbewehrte Auflagen ignorieren konnte, ohne dass die Kommission etwas | |
| davon mitbekam. | |
| Es ist zudem davon auszugehen, dass sich die Methoden der EU Kommission, | |
| ordnungspolitisch gegen illegal handelnde Konzerne vorzugehen, letztlich | |
| als realitätsfern und wirkungslos erweisen werden. Nötig bleibt die | |
| Aufsicht dennoch: So kann Facebook ungestört vom europäischen Datenschutz | |
| die Bürger systematisch aushorchen und auch Apples Mobilkunden bekommen den | |
| hauseigenen Safari-Browser aufgezwungen. Die EU-Kommission hat davon | |
| offenbar noch nichts bemerkt. | |
| 18 Jul 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Tarik Ahmia | |
| ## TAGS | |
| Microsoft | |
| Schwerpunkt Überwachung | |
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