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# taz.de -- Gentrifizierungsgegner in Berlin: Angriff auf Bio-Hotel
> Unbekannte demolieren die Fassade eines privat geführten Hotels in
> Friedrichshain.
Bild: Eine der zerstörten Scheiben des neuen Hotels im Berliner Bezirk Friedri…
Die Fassungslosigkeit steht Alexandra Müller-Benz ins Gesicht geschrieben,
auch ihr Mann Axel Benz schüttelt immer wieder den Kopf. Die beiden sitzen
im Bistro ihres kürzlich eröffneten Hotels Almodóvar, eines leuchtend
weißen Neubaus zwischen unsanierten Altbauten in der Boxhagener Straße. In
der Nacht zum Montag haben Unbekannte das Gebäude angegriffen: Sie
zerstörten ein knappes Dutzend Fenster und beschmierten die Fassade mit
Teerfarbe.
„Es dauerte nur Sekunden“, sagt Müller-Benz. Die Nachtrezeptionisten
berichteten von explosionsartigen Geräuschen, als die Täter gegen drei Uhr
versuchten, die Fenster einzuschlagen. Durch ein gekipptes Fenster
schütteten sie weitere Farbe und trafen ein Sofa. „Das mussten wir
entsorgen“, berichtet Benz. Den Gesamtschaden können die beiden noch nicht
einschätzen.
## „Ein Paradebeispiel“
Am Dienstag bekannte sich ein Nutzer des linken Bewegungs-Netzwerks
Indymedia zu der Tat. Man sehe sich zunehmend steigenden Mieten ausgesetzt
und fühle sich aus der Innenstadt verdrängt, so User „blup“. „Um zu zei…
dass die von Gentrifizierung betroffenen Menschen keine Lust (und
Möglichkeiten mehr) haben, sich verdrängen zu lassen, haben wir unserem
Ärger an einem Paradebeispiel Luft gemacht.“ Wegen dieses
Bekennerschreibens hat der Staatsschutz die Ermittlung aufgenommen.
Einige Indymedia-Kommentare begrüßen die Tat. Der „grüne Kapitalismus“ s…
„einer der perfidesten“, schreibt ein Nutzer. „Damit habt ihr ein Zeichen
gesetzt“, äußert ein zweiter. Es gibt aber auch kritische Kommentare wie
diesen: „Das ist keine Rebellion, sondern nur noch peinlich.“
Das Ehepaar Benz begreift das Motiv der Angreifer nicht: Sie seien doch
Teil der sozialen Kultur, sie böten pädagogische und gesundheitliche
Schulungen an, sagen sie. Nachhaltigkeit und Fairness bedeuteten ihnen sehr
viel. Deswegen haben sie das Hotel als „Bio-Hotel“ zertifizieren lassen.
„Die Gläser sind aus recycelten Weinflaschen, die Bänke wurden in Afrika
aus Dosenaluminium hergestellt“, erklärt Benz. Auch die Preise im Bistro
seien nicht exklusiv. „Viele Gerichte kosten um die 4 Euro. Das kann sich
jeder leisten“, sagt Alexandra Müller-Benz. Hier sei etwas verdreht worden.
Das Besitzerpaar betont, dass hinter dem Hotelbetrieb keine Investoren
stehen, nur sie selbst, mit einem Bankkredit. Auch sei niemand durch den
Hotelbau vertrieben worden. Auf der früheren Brache seien zuletzt
Gebrauchtwagen verkauft worden. Lediglich einige Bäume, die krank gewesen
sein, hätten gefällt werden müssen.
Die beiden wollen sich nicht einschüchtern lassen, sondern ihre Arbeit
fortsetzen. „Veränderung ist Leben“, sagt Alexandra Müller-Benz.
18 Jul 2012
## AUTOREN
Rani Nguyen
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