# taz.de -- Kommentar Unterbindungsgewahrsam: Falsche Priorität | |
> Das Verwaltungsgericht Hannover ignoriert mit seinem Urteil im Prozess um | |
> den arrestierten Fußballfan den Europäischen Gerichtshof - im Interesse | |
> der Polizei. | |
Es geht nicht um Richterschelte. Natürlich sollte jedes Verwaltungsgericht | |
in seinen Urteilen frei sein und sich nicht an Vorgaben des | |
Bundesverwaltungsgerichts gebunden fühlen. Sonst würde sich an antiquierter | |
Rechtsprechung nichts ändern. Doch in dem hannöverschen Fall ist mit | |
Pragmatismus im Interesse der Polizei gerichtet und an Vorschriften | |
festgehalten worden. Sicher ist es Aufgabe der Polizei, maskierte und | |
bewaffnete Personen, die vor einer Bank stehen, festzunehmen, bevor sie | |
Geisel nehmen. Im konkreten Fall geht es aber um präventive Eingriffe in | |
Grundrechte auf der Basis von Spekulationen. | |
Denn nach der Logik des Gerichts müsste die Polizei auf dem Hamburger Kiez | |
jede Gruppe grölender und besoffener Männer in den Unterbringungsgewahrsam | |
nehmen, weil von ihnen Straftaten wie sexuelle Nötigung, Sachbeschädigung, | |
Körperverletzung bis hin zu Vergewaltigung ausgehen könnten. Wer sich auf | |
eine Demonstration begibt oder ein Fußballspiel besucht, ist aber nicht | |
gleich ein potenzieller Straftäter. | |
Und der Menschenrechts-Gerichtshof ist kein Laber-Club. Er hat die | |
Menschenrechte in Europa zu wahren. Sein Urteil hat Gewicht, wie sich bei | |
den Themen Antidiskriminierung und Sicherungsverwahrung gezeigt hat. Wenn | |
ein Staat europäische Menschenrechts-Grundsätze nicht ernst nimmt, weil sie | |
die eigenen Polizeigesetze infrage stellen, begibt er sich auf das Niveau | |
einer Bananenrepublik. | |
22 Jul 2012 | |
## AUTOREN | |
Kai von Appen | |
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