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# taz.de -- Kommentar Lehrerstellen in BaWü: Schwäbisches Lehrersterben
> Gemeinschafts- und Ganztagsschulen sollen ausgebaut werden. In
> Baden-Württemberg soll das seltsamerweise mit 10.000 weniger Lehrern
> geleistet werden.
Bild: Ob 2017 oder 2018, wird sich noch herausstellen.
Was für ein Versprechen! Die Lehrer sollen bleiben, selbst wenn die Schüler
in den nächsten Jahren weniger werden. Das Geld, dass durch den
Geburtenrückgang frei wird, die so genannte demografische Rendite, soll dem
Bildungssystem zugutekommen statt Haushaltslöcher zu stopfen.
So haben es die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidenten der Länder vor
vier Jahren beim Dresdener Bildungsgipfel angekündigt. Und was tun sie
heute? In Hessen fordert der Landesrechnungshof, an den Schulen zu sparen;
in Bremen sollen längst eingeplante Lehrerstellen nun doch nicht kommen.
Und ausgerechnet das grün-rote Baden-Württemberg toppt alle
Schreckensmeldungen mit der Ankündigung, über 10.000 Lehrerstellen
streichen zu wollen. In einem der reichsten Bundesländer wird die
Schuldenbremse offenbar zur Bildungsbremse.
Da mag Bundesbildungsministerin Annette Schavan ihre Länderkollegen noch so
beknien, ihre Versprechen doch bitte einzuhalten, ausrichten kann sie gegen
das Streichen und Sparen leider überhaupt nichts. Das Kooperationsverbot,
das ihr irrsinnigerweise untersagt, die Länder bei Bildung und Forschung zu
unterstützen, soll zwar gelockert werden – nur eben nicht für den
Schulbereich.
Das ist tragisch, schließlich sind die Herausforderungen riesig. In
Baden-Württemberg starten nach den Sommerferien die ersten
Gemeinschaftsschulen, in denen unterschiedlich begabte Kinder unter einem
Dach lernen sollen. Damit auch jene Eltern Gefallen an dem Konzept finden,
die ihren Nachwuchs bislang lieber aufs Gymnasium schicken, braucht es gute
individuelle Förderung – und eben mehr Lehrer.
Deutschlandweit ist die Ganztagsschule längst nicht die Regel; im Südwesten
bleibt gerade einmal ein Viertel der Schüler am Nachmittag in der Schule –
um schwache Schüler dann gezielt zu fördern, müssen auch die Lehrer länger
bleiben.
Und nicht zuletzt: Erst 30 Prozent aller Schülerinnen und Schüler mit
Behinderung besucht bislang eine ganz normale Schule – auf Dauer verlangt
die UN, dass deutschlandweit an die 90 Prozent der Förderschüler mit
nichtbehinderten Kinder zusammen lernen. Wie all das zu machen sein soll,
wenn tausende Lehrer fehlen, ist die große Frage.
Das heißt natürlich nicht, dass sich im Schulsystem nicht grundsätzlich
sinnvoll sparen und umschichten ließe: Im EU-Vergleich liegen die Gehälter
deutscher Lehrer im oberen Bereich. Gymnasiallehrer bekommen deutlich mehr
als ihre Kolleginnen und Kollegen an den anderen Schulen, die die deutlich
schwierigeren Klassen zu unterrichten haben. Dieses Geld ließe sich besser
verwenden.
24 Jul 2012
## AUTOREN
Bernd Kramer
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