# taz.de -- Kulturpolitik: Interview mit Lisa Kosok, Chefin des Hamburgmuseums:… | |
> Die Chefin des Hamburgmuseums hat es satt, auf städtisches Geld zu | |
> warten. Nun sammelt sie selbst für die Sanierung ihres einigermaßen | |
> eingestaubten Museums | |
Bild: Hätte gern zwölf Millionen für ihr Museum: Lisa Kosok | |
taz: Frau Kosok, warum erzählt Ihr Museum ausschließlich vom Großbürgertum? | |
Lisa Kosok: Das tut es nicht. Aber den Grundstock der Sammlungen bildeten | |
die „Sammlung Hamburgischer Altertümer“ und das, was dem Verein für | |
Hamburgische Geschichte angetragen wurde. Damit waren die Schwerpunkte | |
ursprünglich im „bürgerlichen Lager“ angesiedelt. | |
Welche Schwerpunkte sind das? | |
Einerseits Schmuckteile repräsentativer Gebäude, die nach dem Hamburger | |
Brand von 1842 gesichert worden waren und beim Neubau des Museums in das | |
Gebäude integriert wurden. Außerdem gibt es eine Grafik- und | |
Gemäldesammlung unter anderem von bedeutenden Hamburger Bürgern sowie | |
Textil- und Waffensammlungen aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Frühere | |
Sammlungsschwerpunkte führen dazu, dass wir heute bei anderen Themen | |
Defizite haben. Das ist aber normal. | |
Was tun Sie dagegen? | |
Wir betreiben, so gut es geht, Sammlungsausbau. Wir sammeln Exponate zum | |
Thema Migration oder zur Populärkultur, um etwa die Lebensgewohnheiten | |
derjenigen zu dokumentieren, die anderen kulturellen Milieus angehörten | |
oder nicht wohlhabend waren. | |
Und ansonsten kann das Haus so bleiben? | |
Natürlich nicht! Viele heute für die Stadtgeschichte wichtige Themen müssen | |
ergänzt oder neu aufbereitet werden. Heute interessieren unsere Besucher | |
die Vielfalt der Kulturen und die besonderen politischen und sozialen | |
Bewegungen Hamburgs. Dazu gehören auch die Anti-AKW-Bewegung oder das | |
Gängeviertel sowie Biografien von Einwanderern. Zudem brauchen wir ganz | |
praktische Verbesserungen. Die reichen von der ordentlichen Wegeführung bis | |
zur Barrierefreiheit. | |
Und was machen Sie jetzt? | |
Vorweg: Wir wissen, dass der Zustand des Museums überarbeitungswürdig ist. | |
Das liegt nicht daran, dass wir keine Ideen und Konzepte haben. Wir | |
arbeiten schon länger am Erneuerungskonzept, wir haben Besucher befragt, | |
wir wissen, was zu tun ist. Allein, es fehlt am Geld. | |
Was monieren die Besucher? | |
Sie wünschen sich einen roten Faden bei den Ausstellungen. Und sie möchten | |
– wie peinlich für uns – mehr Hamburgthemen. Unser Museum muss | |
„benutzbarer“ werden. | |
Deshalb wollen Sie alles umbauen? | |
Ja, Sie können an unserer neuen Dauerausstellung über Hamburgs | |
Stadtentwicklung im 20. Jahrhundert sehen, wie gut es gelingen kann, wenn | |
man Geld in die Hand nimmt und in Verbesserungen investiert. | |
Die Kulturbehörde hat gesagt, für einen Masterplan gibt sie eventuell Geld. | |
Ja, seit Jahren wird suggeriert, dass wir für gute Konzepte auch die | |
nötigen Mittel bekommen. Die guten Konzepte sind nun da, und die | |
Versprechungen weichen einer Realität, die aus weiteren Sparquoten besteht. | |
Und da muss man irgendwann sagen: Wir versuchen jetzt, so viel Geld wie | |
möglich von anderer Stelle zusammenzubekommen, anstatt bis zum St. | |
Nimmerleinstag auf das Geld aus dem Kulturetat zu hoffen. | |
Wie viel Geld brauchen Sie? | |
Technischer Umbau, Investition in Infrastrukturen, Gastronomie und | |
Ausstellungs-Erneuerung werden insgesamt rund zwölf Millionen Euro kosten. | |
Die Stadt finanziert gar nichts? | |
Ich hoffe, dass es aus dem Investitionshaushalt in den nächsten fünf bis | |
sechs Jahren jeweils eine Million pro Jahr gibt. Die anderen sechs | |
Millionen versuche ich zusammenzubringen – durch Drittmittel, Sponsoren, | |
Stiftungen und sonstige Förderer. | |
Bis wann wollen Sie das Geld akquiriert haben? | |
In ein bis zwei Jahren. | |
Fühlen Sie sich von der Politik im Stich gelassen? | |
Kein Kommentar. | |
Identifizieren sich Hamburgs Politiker überhaupt mit dem Museum? | |
Ich glaube, die Politik möchte, dass die Kulturinstitutionen reibungslos | |
funktionieren. Statt in gute Museumsprojekte, investiert sie aber in | |
zusätzliche Verwaltung. Das führt dazu, dass die Museen seit einigen Jahren | |
leider zu den – schlecht geredeten – Sorgenkindern geworden sind. | |
Leiden die Museen unter dem Desaster Elbphilharmonie? | |
Ja. Das heißt nicht, dass wir deshalb weniger Geld bekommen, aber das Klima | |
für mutige Kulturprojekte ist dadurch stark beschädigt worden. | |
Ein Beispiel? | |
Wenn der Masterplan für das Hafenmuseum vorgestellt wird, heißt es gleich: | |
„So fing die Elbphilharmonie auch an.“ Und wenn ich eine Präsentation für | |
das Hamburgmuseum mache, lautet die erste Frage: Ist das eine valide | |
Schätzung, oder explodieren die Kosten genauso wie bei der Elbphilharmonie? | |
24 Jul 2012 | |
## AUTOREN | |
Petra Schellen | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |