# taz.de -- Prozess gegen mutmaßliche Terroristen: „Mithilfe Allahs schlacht… | |
> Vier mutmaßliche Al-Qaida-Terroristen sollen von Pakistan aus den Auftrag | |
> für einen Anschlag in Deutschland erhalten haben – sie scheiterten. Der | |
> Prozess beginnt. | |
Bild: Ordner „Anklageschrift“ – hier als Schutz für den angeklagten Stu… | |
DÜSSELDORF taz | Als Abdeladim El-K. in den Gerichtssaal kommt, sieht er | |
aus wie einer, der ins Fitness-Studio geht: rotes Polo-Shirt, muskulöse | |
Oberarme, feinliniger Bart und ein feixendes Lächeln, als werde das gleich | |
ein großer Spaß. Dabei drohen dem 31-Jährigen und seinen drei | |
Mitangeklagten langjährige Haftstrafen. | |
An diesem Mittwoch hat im Hochsicherheitstrakt des Düsseldorfer | |
Oberlandesgerichts gegen die mutmaßlichen Al-Qaida-Mitglieder der Prozess | |
begonnen. Wohl zum ersten Mal, so glaubt Bundesanwalt Michael Bruns, könne | |
man nachweisen, dass ein Terrorvorhaben in Deutschland unmittelbar von | |
al-Qaida im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet gesteuert wurde. | |
Die Absicht von El-K. und den anderen sei es gewesen, einen | |
„aufsehenerregenden“ Anschlag zu begehen. Ein konkretes Anschlagsziel habe | |
es noch nicht gegeben, wie die Bundesanwaltschaft in ihrer Anklage | |
einräumt. Vielmehr wurden die über Monate vom Bundeskriminalamt überwachten | |
Männer weit im Vorfeld einer möglichen Tat festgenommen. | |
In der Wohnung des Angeklagten Jamil S. in Düsseldorf-Bilk sollen sie – wie | |
es das Al-Qaida-Handbuch „The Explosive Course“ rät – versucht haben, aus | |
Grillanzündern Hexamin für den „Initialsprengstoff“ einer Bombe zu | |
gewinnen, hatten aber die falsche Marke erwischt. | |
## Zwei Jahre Ausbildung bei Al-Qaida | |
Die obersten Ankläger gehen davon aus, dass mit dem ehemaligen | |
Mechatronikstudenten Abdeladim El-K. einer von jenen Männern vor ihnen | |
sitzt, die in den letzten zwei Jahren bei Al-Qaida ausgebildet und mit | |
Aufträgen für Anschläge nach Europa zurückgeschickt wurden. Andere wurden | |
noch in Afghanistan oder Pakistan festgenommen – El-K. aber gelang die | |
Rückreise nach Deutschland. | |
Von dort aus soll er Kontakt zum Hintermann des „Euro-Plots“ gehalten | |
haben, dem später bei einem US-Drohnenangriff in Pakistan getöteten Scheich | |
Atiyatallah al-Libi. Am 14. April 2011 soll El-K. dem hochrangigen | |
Al-Qaida-Kader eine mit dem Programm „Mujahidin Secrets“ verschlüsselte | |
E-Mail geschickt haben, deren Inhalt die Ermittler aber in Erfahrung | |
bringen konnten. | |
„Oh unser Scheich, wir halten noch unser Versprechen“, soll er geschrieben | |
haben. „Nach dem Ende des Trainings werde ich mit Hilfe Allahs mit dem | |
Schlachten der Hunde der Söhne des Gelben anfangen.“ Damit waren in den | |
Augen der Ermittler Europäer gemeint. | |
In abgehörten Gesprächen der Männer sei zudem das Töten von Deutschen, | |
Juden und „Ungläubigen“ gerechtfertigt worden, so die Anklage. Und sie | |
hätten überlegt, beim Eintreffen der Krankenwagen nach einem Anschlag eine | |
zweite Bombe zu zünden. | |
## Anwälte beklagten unvollständige Akteneinsicht | |
Dazu kam es nicht, am 29. April 2011 wurden drei der jetzt Angeklagten | |
festgenommen, der vierte folgte im Dezember. Ob alle vier wegen | |
Mitgliedschaft in einer Terrorgruppe verurteilt werden, ist offen, | |
zumindest beim Studenten Halil S. gibt es Zweifel. Die Angeklagten | |
schweigen. | |
Ihre Anwälte beantragten am Mittwoch, das Hauptverfahren einzustellen oder | |
zumindest auszusetzen: Sie hätten bisher nur unvollständig Akteneinsicht | |
bekommen. Ein faires Verfahren sei nicht möglich. | |
Das Gericht unter Vorsitz von Barbara Havliza wies den Antrag der Anwälte | |
am Mittwochnachmittag zurück. Für den Prozess gegen die „Düsseldorfer | |
Zelle“ sind vorerst rund 30 Termine bis Ende November angesetzt. | |
25 Jul 2012 | |
## AUTOREN | |
Wolf Schmidt | |
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