# taz.de -- TV-Serie über die Kennedys: Vom Patriarchen zum Präsidenten | |
> Die Kennedys faszinieren, sie leben den amerikanischen Traum in | |
> Perfektion. Heute läuft eine neue Serie über die Familie an: das | |
> uramerikanische Porträt „Die Kennedys“. | |
Bild: Jacqueline (Katie Holmes) und John F. Kennedy (Greg Kinnear) spielen in d… | |
Selbstverständlich ist dieses Porträt der Kennedy-Familie furchtbar | |
patriotisch geworden. Schon wie da im Vorspann, untermalt von orchestraler | |
Streichermusik, die US-Flagge weht. | |
Wie sie sich dreht, noch mal flattert und vor ihrem Hintergrund – ernst, | |
historisch – die Gesichter der wichtigsten Protagonisten der | |
kanadisch-amerikanischen Miniserie erscheinen, deren acht Episoden Arte ab | |
heute donnerstags in zwei Dreierfolgen sowie einer Doppelfolge ausstrahlt: | |
der patriarchalische Vater Joe Kennedy Senior (Tom Wilkinson), Jaeckie | |
Kennedy (apart: die frisch von Tom Cruise und Scientology geschiedene Katie | |
Holmes) und natürlich JFK: John „Jack“ F. Kennedy (Greg Kinnear). | |
„Die Kennedys“ ist selbstverständlich eine patriotische Serie, weil wohl | |
kaum etwas amerikanischer ist als diese glamouröse, von Ambitionen | |
getriebene Familie, um die es hier geht. Der Kennedy-Clan fasziniert, denn | |
er lebte den amerikanischen Traum in Perfektion. Eine Familie von | |
Flüchtlingen vor der großen Hungersnot in Irland 1845, die sich im „land of | |
liberty“ mit Fleiß hocharbeitet – bis ins Weiße Haus. „In ihrer Heimat | |
waren sie Mr. und Mrs. Kennedy, in Boston waren sie hergelaufene Iren – und | |
darum wird dieser Ire ins Weiße Haus einziehen“, dröhnt der Senior in einer | |
Szene. | |
Und so kommt es dann ja bekanntlich: Von John F. Kennedys glücklosem | |
republikanischen Gegenkandidaten Richard Nixon stammt die Aussage: „Wenn | |
die Amerikaner mich sehen, sehen sie sich selbst. Wenn sie John F. Kennedy | |
sehen, sehen sie sich, wie sie gerne sein wollen.“ | |
Durchaus ambitiös geht übrigens auch Regisseur Jon Cassar zu Werke. In | |
zahlreichen Rückblenden arbeitet er sich Stück für Stück näher an diese | |
Familie heran: da ist der Senior, der 1937 den Posten des US-Botschafters | |
in England bekommt, später seine eigenen Ambitionen auf die Präsidentschaft | |
nicht durchsetzten kann und fortan seinen unbedingten Aufstiegswillen auf | |
seine Söhne überträgt. | |
## Die Marionette seines Vaters | |
Und als der älteste Sohn Joe Junior (Gabriel Hogan), das charakterliche | |
Ebenbild seines Vaters, auf seiner atemlosen Jagd nach Orden und | |
Anerkennung als Fliegerpilot im Zweiten Weltkrieg stirbt, muss eben der wie | |
eine Marionette seines Vaters wirkende John als Präsidentschaftskandidat | |
ran, um Daddys Lebenswerk zu vollenden. Kennedy Senior ist bei Cassar der | |
Pate im Hintergrund, die Familienmitglieder sind nur die Spielfiguren auf | |
dem politischen Schachbrett der Macht. | |
Die Zeit, die Cassar sich nimmt, um ein auch psychologisches Porträt dieser | |
Familie zu entwerfen, ist lobenswert. Auch fällt der Blick auf den von | |
Ehrgeiz zerfressenen Vater – und damit auf die menschlich kalte Seite des | |
amerikanischen Traums, in dem sich jeder selbst der Nächste ist – zunächst | |
nicht unkritisch aus. Allerdings kommt durch die vielen Rückblenden in den | |
nur 42 Minuten langen Episoden die eigentliche Geschichte über die | |
Präsidentschaft John F. Kennedys bis zu seiner Ermordung 1963 nur schwer in | |
Schwung. Die Figur von John wirkt noch am Ende der zweiten Folge merkwürdig | |
substanzlos, das Spiel von Kinnear blass. | |
Schließlich geht Cassar mitunter auch ein wenig die Distanz zur Familie | |
verloren, die er da porträtiert. Am Ende wird auch die kalte Macht in | |
Person von Joe Senior wieder ganz menschlich: „Wenn Jack morgen ins Weiße | |
Haus einzieht, wissen wir beide, dass er es dir zu verdanken hat“, gibt er | |
seinem dritten Sohn Bobby, Wahlkampfhelfer seines Bruders John, die bis | |
dahin verwehrte Anerkennung. Nobel ist der amerikanische Traum alias | |
Kennedy Senior, ehrlich und gerecht. | |
Eine schöne Geschichte am Rande übrigens, dass die Serie in den USA erst | |
auf dem History Channel laufen sollte, sich Caroline Kennedy, die Tochter | |
von JFK, dann aber querlegte: Sie befürchtete angeblich eine negative | |
Darstellung der Familie. Der ausführende Produzent Joe Surnow gilt als | |
erzkonservativ. Die mittlerweile Emmy-dekorierte Serie wurde zum | |
Quotenerfolg auf dem deutlich unbedeutenderen ReelzChannel. Caroline | |
Kennedy hätte sich wirklich nicht sorgen müssen, denn die Serie ist vor | |
allem einfach eins: amerikanisch wie die Kennedys. | |
Das Porträt "Die Kennedys" läuft heute um 20.15 Uhr bei Arte. | |
26 Jul 2012 | |
## AUTOREN | |
Anna Klöpper | |
## TAGS | |
John F. Kennedy | |
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