# taz.de -- Stromausfall in Indien: Nach dem Blackout kommt der Streit | |
> Die Elektrizitätsversorgung Indiens ist mangelhaft. Das hat verschiedene | |
> Gründe: zu hohes Wirtschaftswachstum, zu viel Bürokratie und zu wenig | |
> Kraftwerke. | |
Bild: Kreativ: Stromnetz in Neu Delhi. | |
BANGKOK taz | Einen Tag nach dem weltweit größten Stromausfall ist Indien | |
am Mittwoch wieder ein Stück weit zur Normalität zurückgekehrt. Mitarbeiter | |
der staatlichen Stromerzeuger brachten in der Nacht die kollabierten | |
Stromnetze im Norden des Landes wieder in Gang. Dafür tobt nun die | |
Diskussion, wer die Schuld an dem Vorfall trägt. | |
Am Montag und Dienstag hatten Stromausfälle halb Indien lahmgelegt, als die | |
Netze im Norden, Osten und Nordosten des Landes zusammenbrachen. In den | |
betroffenen Regionen leben mehr als die Hälfte der 1,2 Milliarden Inder. | |
Hunderttausende Reisende in Zügen wurden gestoppt. Da in den Städten Ampeln | |
und U-Bahnen ausfielen, mussten Polizisten den chaotischen Verkehr regeln. | |
Krankenhäuser und der Flughafen in Neu Delhi wurden durch Notgeneratoren | |
versorgt. | |
Energieminister Veerappa Moily bemühte sich, die Streitigkeiten zwischen | |
der Zentralregierung und den Bundesstaaten herunterzuspielen. | |
„Bundesstaaten und Zentrum sollten sich nicht gegenseitig die Schuld | |
zuweisen“, sagte Moily. | |
Die Zentralregierung in Delhi hatte zuvor bereits mehrere Bundesstaaten im | |
Norden des Landes für den Totalausfall des Stromnetzes verantwortlich. | |
Diese hätten mehr Strom entnommen, als ihnen zugestanden habe. Der | |
Energieminister des Bundesstaates Haryana räumte das sogar teilweise ein. | |
Schon seit Jahrzehnten hinkt die Stromversorgung in Indien der Nachfrage | |
hinterher. Die rapide wirtschaftliche Entwicklung der vergangenen zwei | |
Jahrzehnte hat das Problem verschärft. Hinzu kommt, dass staatliche | |
Unternehmen vier Fünftel des Stroms erzeugen. Ein gewaltiger | |
Bürokratieapparat verwaltet die Verteilung der Energie. | |
## „Supermacht Indien, ruhe in Frieden“ | |
Für Delhi ist der Zusammenbruch seiner nördlichen Stromnetze eine | |
internationale Blamage. Denn Indien ist für sein Wirtschaftswachstum auf | |
ausländische Investitionen angewiesen. Doch die lassen sich immer seltener | |
blicken. Korruption, eine aufgeblähte Bürokratie sowie unklare Signale der | |
Regierung haben bereits viele Investoren veranlasst, ihr Geld woanders | |
anzulegen. Indiens Wachstum ist zuletzt auf 5,3 Prozent gesunken. | |
„Supermacht Indien, ruhe in Frieden“, titelte die Tageszeitung Economic | |
Times. | |
Besserung ist nicht in Sicht. Indien ist für zwei Drittel seiner | |
Stromerzeugung auf Kohle angewiesen. Das Land verfügt über die fünftgrößten | |
Kohlevorkommen weltweit. Doch deren Abbau ist fest in der Hand eines | |
staatlichen Monopolisten, die Produktion nimmt nur langsam zu. Kraftwerke | |
sind daher darauf angewiesen, Kohle aus dem Ausland zu kaufen. | |
Indiens Pläne, mehr Atomstrom zu produzieren, kommen ebenfalls nicht voran. | |
Die Proteste in Regionen, in denen Atomkraftwerke gebaut werden sollen, | |
nehmen seit der Katastrophe von Fukushima zu. Die Hersteller von AKWs | |
wiederum schreckt ein Gesetz ab, das seit Ende 2011 in Kraft ist: Demnach | |
müssten sie in vollem Umfang für die Schäden haften, die ihre Anlagen im | |
Fall eines Unfalls verursachen. | |
1 Aug 2012 | |
## AUTOREN | |
Sascha Zastiral | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Atomkraft | |
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