| # taz.de -- Schuldenkrise in Spanien: Mal eben 37 Milliarden Euro aufgetan | |
| > Ohne neue Sparprogramme sollen die Staatsausgaben um 102 Milliarden Euro | |
| > sinken. Bisher waren nur 65 Milliarden eingeplant – aber ein Rechentrick | |
| > hilft. | |
| Bild: Schon fast 15 Prozent eingespart: Ein spanischer Polizeioffizier verschwi… | |
| BERLIN taz | Es ist eine enorme Summe: 102 Milliarden Euro will Spanien bis | |
| Ende 2014 einsparen. Allerdings hatte die konservative Regierung unter | |
| Ministerpräsident Mariano Rajoy auch keine Wahl. Sie muss ihr | |
| Haushaltsdefizit bis 2014 auf 2,8 Prozent der Wirtschaftsleistung senken, | |
| um die Auflagen der EU-Kommission zu erfüllen. Momentan beträgt das Defizit | |
| noch 6,3 Prozent. | |
| Die EU hatte eine Frist bis Ende Juli gesetzt, damit die Spanier darlegen, | |
| wie sie ihr Defizit drücken wollen. Mit dreitägiger Verspätung traf der | |
| 48-seitige Plan dann am Freitagabend in Brüssel ein. Die große Last der | |
| Einsparungen tragen die Verbraucher und die Arbeitnehmer. So wird die | |
| Mehrwertsteuer von 18 auf 21 Prozent erhöht, was allein rund 22 Milliarden | |
| Euro in den nächsten drei Jahren bringen soll. | |
| Die Regionen sollen bei der Bildung, Gesundheit und Verwaltung weitere 28,7 | |
| Milliarden Euro sparen. Das Weihnachtsgeld für 2012 wird gestrichen, was | |
| 5,2 Milliarden Euro bringt. Bei den Arbeitslosen werden rund 11 Milliarden | |
| gestrichen. Daneben nehmen sich die Unternehmensteuern eher bescheiden aus. | |
| Sie sollen bis 2014 zusätzliche 8,5 Milliarden Euro in die Kassen spülen. | |
| Die neuesten Kürzungsvorschläge sind bereits das fünfte Sparprogramm in nur | |
| einem halben Jahr. Erst Mitte Juli hatte das Parlament in Madrid ein | |
| Gesetzespaket beschlossen, das 65 Milliarden Euro bis 2014 bringen sollte. | |
| Nun sind es plötzlich 37 Milliarden mehr. | |
| ## Alte Vorschläge neu berechnet | |
| Was hat sich also in nur drei Wochen an den Plänen geändert, dass so viel | |
| Geld zusätzlich mobilisiert werden kann? Diese Frage haben sich auch die | |
| spanischen Medien gestellt – und die neuen Vorschläge akribisch | |
| durchleuchtet. Ergebnis: Die Regierung Rajoy hat nur ihre alten Vorschläge | |
| neu berechnet. In Spanien wird daher schon offen bezweifelt, ob die | |
| Haushaltsdefizite tatsächlich sinken. | |
| Die spanische Zeitung El País konnte jedenfalls nur zwei wirklich neue | |
| Maßnahmen ausmachen: So wird es eine Art Ökosteuer auf den CO2-Ausstoß | |
| geben. Die soll 2,3 Milliarden Euro bringen. Außerdem soll der Stellenstop | |
| im öffentlichen Dienst bis 2014 verlängert werden, was weitere 5,3 | |
| Milliarden einsparen soll. | |
| Zudem hängt es ja nicht nur von den geplanten Sparmaßnahmen ab, ob das | |
| Defizitziel erreicht wird. Noch wichtiger ist die ökonomische Entwicklung. | |
| Und da gehen die Spanier von sehr optimistischen Prognosen aus: Obwohl sie | |
| Milliarden weniger ausgeben wollen und somit die Nachfrage abwürgen, soll | |
| die Wirtschaft nur kurz abstürzen. Für 2012 und 2013 werden zwar ein Minus | |
| von 1,5 und 0,5 Prozent eingeplant, aber schon 2014 soll die Wirtschaft | |
| wieder mit 1,2 Prozent wachsen. Wenn diese Prognose nicht eintrifft, wird | |
| keines der Sparziele erreicht. | |
| Die bisherigen Sparbeschlüsse waren die Bedingung dafür, dass Spaniens | |
| Banken Hilfen vom Eurorettungsfonds bekamen. Ob auch das Land Hilfskredite | |
| beantragt, ist offen. „Wir werden die Details klären und dann einen genauen | |
| Zeitplan entwerfen“, sagte Wirtschaftsminister Luis de Guindos am | |
| Wochenende. | |
| 5 Aug 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Ulrike Herrmann | |
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