# taz.de -- Kommentar zu Bürgerinitiativen: Wenn schon spalten, dann richtig | |
> Kontroversen austragen ist gut. Nur stehenbleiben darf man dabei nicht. | |
Die Geschichte der Linken ist eine Geschichte der Spaltung – und die der | |
Berliner Bürgerinitiativen nicht weniger. Trotz erfolgreichen | |
Volksbegehrens zerfiel der Wassertisch in zwei Hälften, die Gegner der | |
Spreeufer-Betonierung splitteten sich in Realos und Radikalos. Und die | |
ebenfalls außerparlamentarisch bewegte Berliner WASG brachte es vor Jahren | |
sogar auf sechs Zerfallsprodukte. | |
Dass die Streiter für ein unbebautes Tempelhofer Feld dem jetzt nacheifern, | |
überrascht also nicht wirklich. War das Bündnis doch denkbar heterogen: Vom | |
autonomen Zaungegner bis zum Flughafen-Fan, der die Fläche gleich als | |
Weltkulturerbe konservieren will. Erstaunlich nur, wie früh der Bruch | |
kommt. | |
Hilfreich ist das für die Ziele der Initiative auf den ersten Blick nicht. | |
Innere Grabenkämpfe sind wenig zielführend, verprellen Mitstreiter, | |
verknäulen Botschaften. Und was ist bequemer für die Exekutive als der | |
Hinweis, dass nicht mal die Oppositionellen wissen, was sie wollen? | |
Dabei ist gegen Spaltung grundsätzlich nichts einzuwenden. Kontroversen | |
austragen statt wegbügeln, um die richtige Strategie streiten und Grenzen | |
festlegen, wofür man eben nicht eintreten will – das ist Basisdemokratie. | |
Und erzeugt die intellektuelle Dynamik sowie die Visionen, die im | |
Exekutivbetrieb oft nicht mehr angestrengt werden. Nur stehen bleiben darf | |
man dabei nicht. | |
Die Anti-Atom-Bewegung hat gezeigt, wie’s geht: Da machten friedliebende | |
Protestsong-Trällerer, die nie „schottern“ würden, gemeinsame Sache mit | |
Schotterern, die nie trällern würden. So forcierten sie den Atomausstieg, | |
den größten außerparlamentarischen Erfolg seit Jahren. Davon dürfen die | |
Berliner ruhig lernen: Differenzen akzeptieren, vielleicht getrennte Wege | |
gehen – aber nicht ohne das gemeinsame Ziel aus den Augen zu verlieren. | |
7 Aug 2012 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |