# taz.de -- Australiens rigide Flüchtlingspolitik: Marine gegen Boatpeople | |
> Eine australische Kommission empfiehlt, dass Asylsuchende wie früher im | |
> Ausland überprüft werden sollten. Dann kämen mehr anerkannte Flüchtlinge | |
> ins Land. | |
Bild: Boatpeople unerwünscht: Sie landen gleich im Internierungslager. | |
BERLIN taz | Zum Ende der parlamentarischen Winterpause und parallel zur | |
Ankunft eines Flüchtlingsschiffes hat eine von Australiens Regierung | |
eingesetzte Kommission Empfehlungen zum Umgang mit Asylsuchenden vorgelegt. | |
Labor-Premierministerin Julia Gillard will sie gleich am Dienstag vom | |
Parlament diskutieren lassen, obwohl ihre Partei dabei Kröten schlucken | |
muss. | |
Denn die dreiköpfige Kommission unter Vorsitz des Ex-Verteidigungsministers | |
Angus Houston empfiehlt, die von Labor 2008 geschlossenen und von | |
Australien finanzierten Flüchtlingslager in den Pazifikstaaten Nauru und | |
Papua Neuguinea „so schnell wie möglich“ wieder zu öffnen. | |
Empfohlen wird auch, die Aufnahme anerkannter Flüchtlinge sofort von 13.750 | |
auf 20.000 und in den nächsten fünf Jahren auf 27.000 zu erhöhen. Das | |
widerstrebt den Konservativen. | |
Die Empfehlungen sind ein Kompromiss zwischen den Positionen der | |
regierenden Labor-Partei und der konservativen Opposition. Den | |
Konservativen gelang es in den letzten Jahren mehrfach, durch das Schüren | |
von Ressentiments gegen Boatpeople die Sozialdemokraten in die Defensive zu | |
drängen. Auch jetzt ist die in Umfragen unbeliebte Gillard bereit, | |
nachzugeben, damit das Thema 2013 nicht den Wahlkampf dominiert. Houston | |
nannte die Empfehlungen „konsequent, aber nicht herzlos“. Sie seien | |
„realistisch und nicht idealistisch“. | |
Die Kommission will Asylsuchende von der gefährlichen Flucht übers Meer | |
abhalten und Anreize geben, sich außerhalb des Landes um den anerkannten | |
Flüchtlingsstatus und damit um Aufnahme in Australien zu bemühen. Auch soll | |
das Vertrauen in den offiziellen Rechtsweg gestärkt werden. Doch ob dies | |
der Lebensrealität der meisten Flüchtlinge entspricht, ist zweifelhaft. | |
## Flüchtlingstausch mit Malaysia | |
Die mehrheitlich mit Sicherheitsexperten besetzte Kommission empfahl auch, | |
einen Flüchtlingstausch mit Malaysia wieder zu verfolgen. Der sah die | |
Abschiebung von Bootsflüchtlingen aus Australien dorthin vor im Tausch | |
gegen von der UN bereits offiziell anerkannte Flüchtlinge. Das Abkommen | |
scheiterte aber vor Gericht, weil Malaysia nicht die | |
UN-Flüchtlingskonvention unterzeichnet hat. Das dürfte sich nicht so | |
schnell ändern. | |
Die Kommission räumt in ihrem 160-Seiten-Bericht ein, dass bisher die | |
rechtlichen Grundlagen fehlen, damit die Marine Flüchtlingsboote abweisen | |
kann. Doch sei dies anzustreben. | |
Schon bisher geht Australien hart gegen per Boot ankommende Asylsuchende | |
vor, die alle – oft an unwirtlichen Orten – zwangsinterniert werden. Es | |
kann Jahre dauern, bis über ihren Fall entschieden ist. Auch Kinder werden | |
eingesperrt. Immer wieder kommt es zu Lageraufständen. Die Kommission will | |
künftig Familienzusammenführungen für Boatpeople erschweren. | |
Menschenrechtsgruppen reagierten entsetzt auf die Empfehlungen. | |
„Flüchtlinge werden darunter leiden“, sagte Nick Riemer von der Refugee | |
Action Coalition. Die Grünen bezeichneten die Empfehlungen als „grausam“. | |
Seit Jahresbeginn kamen laut der Kommission 7.500 Flüchtlinge in mehr als | |
100 Booten nach Australien. Im Jahr 2011 waren es rund 4.500. Seit Oktober | |
2009 ertranken 604 Flüchtlinge bei der Fahrt. | |
13 Aug 2012 | |
## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
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