# taz.de -- Atomkraftwerke in Niedersachsen: Im Ernstfall kein Plan | |
> Der Katastrophenschutz für Niedersachsens Atomkraftwerke ist mangelhaft, | |
> kritisieren Bürgerinitiativen. Sie haben die Notfallpläne für Grohnde | |
> eingesehen. | |
Bild: Idyllisch, aber für den Katastrophenfall schlecht gerüstet: die Gegend … | |
HANNOVER taz | Die Katastrophenschutzpläne für Niedersachsens | |
Atomkraftwerke sind aus Sicht eines Bündnisses von Bürgerinitiativen völlig | |
unzureichend. Mehrere hundert Seiten Notfallpläne zum Reaktor in Grohnde, | |
die noch bis 7. September öffentlich ausliegen, haben die Initiativen | |
gesichtet. Ein „Flickenteppich unterschiedlicher Regelungen“, lautet ihr | |
Fazit, das sie gestern in Hannover vorgestellt haben. | |
Die zuständigen Kommunen im Umkreis von 25 Kilometern von Grohnde haben je | |
eigene Katastrophenschutzpläne erstellt. Aufeinander abgestimmt seien die | |
allerdings nicht, bemängelt das Bündnis. Der Landkreis Hameln etwa sieht | |
für den Ernstfall eine Evakuierung per Zug nach Hildesheim vor – in den | |
Plänen dort allerdings kommen die Züge gar nicht vor. Wie Schulen von einem | |
GAU erfahren sollen, haben weder Schaumburg, Hildesheim noch Hameln | |
geklärt. Zugleich sollen dort aber Jodtabletten verteilt werden. | |
„Eine konsistente Planung, bei der die Aufsicht prüft, was genau passieren | |
soll, gibt es nicht“, sagt Peter Dickel von der AG Schacht Konrad. Er | |
fordert eine bessere Koordinierung des Katastrophenschutzes zwischen Bund | |
und Ländern. In Niedersachsen müsse das Innenministerium als oberste | |
Katastrophenschutzbehörde dringend seine Aufsicht verbessern. | |
Zudem müssten die Evakuierungszonen ausgeweitet werden: Bislang soll nur im | |
Umkreis von zehn Kilometern von Atomkraftwerken evakuiert werden. Für das | |
43 Kilometer von Grohnde entfernte Hannover etwa gibt es gar keine | |
Notfallpläne. Je nach Wetter könnten aber bis zu 170 Kilometer entfernt | |
Strahlenbelastungen auftreten, führen die Initiativen mit Verweis auf eine | |
Studie des Bundesamtes für Strahlenschutz von April 2012 an. Darin wurden | |
deutsche Notfallpläne in Szenarien ähnlich der Reaktorkatastrophe von | |
Fukushima in Japan durchgespielt. | |
Während in Japan ab einem Richtwert von 20 Millisievert (MSV) dauerhaft | |
umgesiedelt, werde, liege der Wert mit 100 MSV in Deutschland „viel zu | |
hoch“, sagt Angelika Claußen von der atomkritischen Ärzteorganisation | |
IPPNW. „Aus Fukushima“, so Claußen, „wurde offensichtlich nichts gelernt… | |
Während sich SPD, Grüne und Die Linke der Kritik der Bürgerinitiativen | |
anschließen, weist sie das Innenministerium als „nicht nachvollziehbar“ | |
zurück: Niedersachsen sei „beim Katastrophenschutz gut aufgestellt“, heißt | |
es dort auf Nachfrage. Jährlich müssten die Kommunen ihre Notfallpläne | |
aktualisieren. Und das Innenministerium als Fachaufsicht könne „jederzeit | |
Einsicht nehmen“. | |
15 Aug 2012 | |
## AUTOREN | |
Teresa Havlicek | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Ermittlungen wegen AKW-Video: Der Pirat mit der Kamera | |
Pirat Meinhart Ramaswamy hat im AKW Grohnde gefilmt. Jetzt will ein | |
Unternehmenskommunikator das Video aus dem Netz und der Welt klagen. | |
Atomtransport nach Grohnde: „Alles schön und friedlich“ | |
Ein Plutoniumlieferung aus dem britischen Sellafield hat das AKW Grohnde | |
erreicht. Die Brennelemente wurden ohne Zwischenfälle per Schiff und | |
Lastwagen transportiert. | |
Steigende Leukämierate in AKW-Nähe: Bei Revision ist Urlaub angesagt | |
Beim Wechseln von Brennelementen wird starke radioaktive Strahlung frei, so | |
die Ärzteorganisation IPPNW. Erklärt das die hohen Leukämieraten rund um | |
AKW? | |
Anti-Atom-Protest der 70er und 80er Jahre: „Harter Kern besteht aus Terrorist… | |
Die Energiewende verdankt sich auch den lokalen Kämpfen der | |
Antiatomkraftbewegung der 70er und 80er Jahre. Nun sind zwei Bände zu ihrer | |
Geschichte erschienen. | |
Atomkraftfrage: Umzingelung und Lichterkette | |
Um an die Atomkatastrophe von Fukushima zu erinnern, sind im Norden | |
zahlreiche Aktionen geplant. Die IG Metall Küste hat sich weitgehend | |
ausgeklinkt. |