# taz.de -- FC Oberneuland beim DFB-Pokal: „Wir haben nur 15 echte Fans“ | |
> Der Regionalligist FC Oberneuland ist, dank Finanzhilfen, die zweite | |
> Kraft im Bremer Fußball. Vor dem Spiel gegen den BVB im DFB-Pokal | |
> benötigt man jedoch Hilfe von Werder. | |
Bild: So ungedeckt sollte man die Spieler vom FC Oberneuland nicht stehen lasse… | |
Holger Micheli erwähnt das Privileg nur beiläufig. „Werder Bremen hat mir | |
die größte zur Verfügung stehende Loge gegeben.“ Platinrang auf der | |
Nordtribüne des Bremer Weserstadions. Dort, wo gewöhnlich die | |
Geschäftsführung des SV Werder bei Bundesligaspielen Platz nimmt, sitzt am | |
Samstagnachmittag nun der 68-jährige Architekt mit seiner Familie und | |
seinen Freunden. | |
Mit bester Sicht auf ein ziemlich ungleiches Duell im DFB-Pokal. FC | |
Oberneuland gegen Borussia Dortmund, der Meister der Bremen-Liga gegen den | |
deutschen Meister. „Ich habe mir ja mal erträumt, zweite Kraft im Bremer | |
Fußball zu werden“, räumt Micheli freimütig ein, „aber als ich den Klub | |
damals in der Kreisliga A übernahm, hätte ich nie gedacht, dass wir mal ein | |
Pflichtspiel gegen Borussia Dortmund machen würden.“ | |
Nun ist es schon 28 Jahre her, dass der clevere Geschäftsmann sein Faible | |
für den Stadtteilklub entdeckte. Oberneuland zählt noch heute zu den | |
teuersten Wohngegenden der Hansestadt, einst hatte fast jeder Werder-Profi | |
hier sein Domizil stehen. Der FCO galt damals als Lachnummer der Bremer | |
Fußball-Szene; der winzige Sportplatz namens „Uppe Angst“ besaß keine | |
Originalmaße und stand im Grunde zwischen Oktober und März ständig unter | |
Wasser. | |
## Aufstieg dank Finanzspritzen | |
Mit kräftiger monetärer Unterstützung bahnte sich der Verein ab den | |
90er-Jahren den mühsamen Weg durch die Bremer Spielklassen nach oben, der | |
in der damaligen Oberliga endete. | |
Nur dank Micheli, der mittlerweile sein Architekturbüro um mehrere | |
Bauträgerfirmen erweiterte, die schlüsselfertige Einkaufzentren in ganz | |
Deutschland errichten, heuerten zwischenzeitlich auch Prominente wie Uli | |
Borowka oder Wolfgang Sidka als Spielertrainer an. Jetzt ist der Klub | |
gerade wieder in die neue Regionalliga Nord aufgestiegen. | |
Unmittelbar an der Autobahn A 27 hat der Präsident und Gönner bereits 1999 | |
ein nettes Stadion („Sportpark Vinnenweg“) bauen lassen. Vor vier Jahren | |
wurde hier der TuS Koblenz in der ersten DFB-Pokalrunde besiegt. Doch dort | |
auch den Dortmund-Hit austragen? „Dann hätte uns die Polizei maximal 4.000 | |
Zuschauer genehmigt“, erzählt Karen Micheli, die Präsidenten-Tochter, die | |
sich um Organisatorisches kümmert. | |
Klar, dass bei solch amateurhaften Strukturen professionelle Hilfe nötig | |
war, um den Double-Gewinner im Weserstadion zu empfangen, was allein | |
deshalb eine sehr sinnvolle Idee ist, weil fast 9.000 BVB-Fans auf | |
Pilgerfahrt gen Bremen gehen wollen. Werder stellt nun seine Infrastruktur, | |
um den Ticketverkauf abzuwickeln, die Akkreditierungen zu bearbeiten oder | |
den Sicherheitsdienst zu buchen. Holger Micheli sagt: „In dieser | |
Größenordnung hätten wir das Spiel nicht bewältigt.“ | |
## Ein Team aus Halbprofis | |
Bislang sind mehr als 16.000 Karten verkauft – 15.000 hat der FC | |
Oberneuland gebraucht, um die sechsstelligen Kosten für den Umzug zu | |
decken. So bleiben die Fernseheinnahmen von 100.000 Euro bei einem Verein, | |
der nur Halbprofis beschäftigt. Was nichts am Ehrgeiz der Protagonisten | |
gegen die Prominenz ändert. „Ich höre oft, dass wir bestimmt acht, neun | |
Tore bekommen“, sagt Kapitän Fabrizio Muzzicato, „aber ich mag es nicht, so | |
negativ an die Sache heranzugehen. Das Spiel geht bei 0:0 los.“ | |
Interessant wird es sein, wie es sich mit der Unterstützung verhält. „Wir | |
haben ja nur 15 echte Fans“, erzählt Karen Micheli mit einem Schmunzeln. | |
Und doch genießen es Tochter und Vater irgendwie, an diesem Tag die Nummer | |
eins im Bremer Fußball zu sein, „obwohl es sonst keine Rivalitätsgedanken | |
gegenüber Werder gibt.“ | |
Die 40-Jährige mag übrigens gar nicht schätzen, wie viel Geld ihr Vater | |
über beinahe drei Jahrzehnte in den FC Oberneuland gepumpt hat; ein | |
zweistelliger Millionenbetrag kommt wohl locker zusammen. „Es ist mein | |
größtes und teuerstes Hobby“, sagt Holger Micheli, der nach eigenem | |
Bekunden noch niemand gefunden hat, „der das hier später mal weitermachen | |
möchte“. | |
18 Aug 2012 | |
## AUTOREN | |
Frank Hellmann | |
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