# taz.de -- Kostenlose Spiele bei der Gamescom: Das schönere Schwert ist teuer | |
> Statt durch Spieleverkäufe finanzieren sich viele Entwickler mittlerweile | |
> durch den Verkauf virtueller Güter. Gesucht sind dabei die Kunden, die | |
> bereit sind, viel zu investieren. | |
Bild: Zocken bei der Gamescom. | |
„Free to play“ – das Geschäftsmodell ist auf der Computerspielemesse | |
Gamescom in Köln in aller Munde. Statt dem Spieler beim Kauf 50 Euro | |
abzuverlangen oder jeden Monat eine Abogebühr zu berechnen, lässt man die | |
Spieler einfach kostenlos spielen. Geld kommt durch so genannte | |
„In-App-Purchases“ rein: Wer ein schöneres Auto, ein größeres Schwert od… | |
ein schwieriges Level überspringen will, muss zahlen. | |
Zwar hat Free-to-Play-Vorreiter Zynga, der mit Facebook-Spielen wie | |
Farmville bekannt geworden ist, im vergangenen Jahr die hoch gesteckten | |
Umsatzziele verfehlt und an den Börsen erheblich an Wert verloren – und | |
doch springen immer mehr etablierte Spielefirmen auf den Zug auf. So hat | |
Ubisoft ihr bekanntes Spiel „Die Siedler“ zum Online-Spiel umgewandelt. | |
Auch andere Firmen verwandeln ihre erfolgreichen Titel wie „Anno“ oder | |
„Might & Magic“ in Free-to-Play-Varianten. | |
Doch auf dem Spielemarkt wird es eng. Während früher die großen | |
Distributoren den Markt dominierten, die Spiele mit Budgets von aufwändigen | |
Hollywoodstreifen produzieren, drängen nun Neulinge auf den Markt. | |
Dienstleister wie die Browserspiel-Plattform Kongregate übernehmen einen | |
Großteil der Verwaltungsarbeit und Infrastruktur. Ein Spiel kann dann von | |
wenigen Programmierern in Alleinregie erstellt werden. | |
Inzwischen hat das Unternehmen Erfahrungen gesammelt. Eine Erkenntnis: | |
Möglichst alle Spieler zum Zahlen zu überreden, funktioniert nicht. Nur | |
zwischen 0,5 und 3,5 Prozent der Spieler wird jemals Geld in den Spielen | |
ausgeben. Da aber in den Online-Spielen schnell mehrere Hunderttausend | |
Teilnehmer versammelt sind, sind das immer noch eine Menge zahlender | |
Kunden. | |
## Wer einmal zahlt, tut es wieder | |
Ganz besonders wichtig hierbei sind die „whales“ - die Wale. So hat die | |
Branche die dicken Fische unter den Spielern getauft, die mehr als 100 | |
Dollar in ein Spiel investieren, das im Prinzip kostenlos ist. Auf sie | |
konzentriert sich die ganze Energie der Spielefirma. Denn obwohl sie sehr | |
selten sind, finanzieren sie den Großteil der Spiele. Bei Kongregate machen | |
sie nur sieben Prozent der zahlenden Spieler aus, sie sorgen aber für 84 | |
Prozent des Umsatzes. | |
Kongregate-Mitgründerin Emily Greer empfahl den Entwicklern auf der der | |
Gamescom angeschlossenen Entwicklerkonferenz vor allem eins: „Sorgt dafür, | |
dass Spieler mehr als 1.000 Dollar ausgeben können“. Viele Entwickler | |
machten den Fehler, nur kleine Beträge abzurechnen, doch angesichts der | |
Zahlungsquote kommt dadurch zu wenig Geld zusammen. Statt der Spielfigur | |
einen neuen Pullover für ein paar Cent zu verkaufen, verkauft man ihm | |
besser ein kombinertes Überlebenspaket mit Waffen und neuen Missionen für | |
30 oder gar 50 Dollar. | |
Der Trick ist: Wenn der Kunde einmal Geld investiert hat, ist er | |
wahrscheinlich bereit, ein zweites Mal Geld zu bezahlen. Die Entwickler tun | |
also alles dafür, die Spieler bei der Stange zu halten. Ständig brauchen | |
sie Nachschub mit neuen Leveln, Spiele-Erweiterungen oder sonstigen | |
Vergünstigungen. Dazu gehören auch schon Mal Offline-Aktivitäten. | |
Als das das Spiel „Fantasy Online“ zum zweijährigen Bestehen Treffen der | |
Spieler-Community organisierte, schoss der Umsatz durch die Decke. Hatte | |
das Spiel mit Durchschnittsumsätzen pro zahlendem Nutzer unter zwei Dollar | |
begonnen, sind es nun über 40 Dollar. Möglich ist dies, weil die Spieler | |
eine langfristige Beziehung zu der Plattform aufgebaut haben. „Wenn die | |
Spieler bleiben, werden sie irgendwann bezahlen“, sagt Greer. Wer partout | |
nicht bezahlen will, kann sich andere Plattformen suchen. | |
19 Aug 2012 | |
## AUTOREN | |
Torsten Kleinz | |
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