# taz.de -- Umfrage zur Präimplantationsdiagnostik: Sechs Länder gegen den Mi… | |
> Mindestens sechs Bundesländer wollen die PID strenger handhaben als | |
> Gesundheitsminister Bahr. Sie befürchten einen „Medizintourismus“. | |
Bild: Eizellen werden auf eine künstliche Befruchtung vorbereitet. | |
BERLIN taz | Der Streit über die Präimplantationsdiagnostik (PID) geht | |
weiter: Mindestens sechs Bundesländer lehnen die PID-Rechtsverordnung von | |
Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) ab oder fordern erhebliche | |
Nachbesserungen. | |
Das ergab eine Umfrage der taz bei den 16 Landesgesundheitsministerien. Die | |
Kritik aus Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Bremen, Hessen | |
und Berlin richtet sich vor allem gegen Bahrs Plan, weder die Zahl der | |
PID-Zentren begrenzen zu wollen noch die Anzahl der Ethikkommissionen. | |
Bahr ist auf die Länder angewiesen – ohne ihre Zustimmung im Bundesrat kann | |
die Verordnung nicht in Kraft treten. Damit ist aber die praktische | |
Umsetzung des Gesetzes gefährdet, das die genetische Untersuchung von im | |
Reagenzglas erzeugten Embryonen in engen Grenzen seit Sommer 2011 erlaubt. | |
Schätzungen zufolge wollen in Deutschland 250 bis 400 Paare jährlich die | |
PID in Anspruch nehmen. Angesichts dieser geringen Zahlen reiche „ein | |
einziges bundesweites PID-Zentrum und eine einzige Ethikkommission, | |
angesiedelt beim Robert-Koch-Institut“, sagte ein Sprecher der | |
baden-württembergischen Gesundheitsministerin Katrin Altpeter (SPD). | |
Es gehe darum, bundesweit einheitliche Maßstäbe sicherzustellen und | |
„Kommissions-Hopping“ zu vermeiden. Ähnlich argumentiert die | |
nordrhein-westfälische Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne). Sie | |
will die Zahl der Zentren auf wenige begrenzen, um die Entwicklung eines | |
Geschäftmodells zu verhindern. | |
Die Bremer Gesundheitssenatorin Renate Jürgens-Pieper (SPD) und der | |
bayerische Gesundheitsminister Marcel Huber (CSU) indes lehnen die | |
Verordnung „vehement ab“: Sie konterkariere die Intention des Gesetzes, | |
wonach die PID eine Ausnahme bleiben solle: „Wir wollen keinen | |
Medizintourismus auf Kosten des Lebens“, poltert Huber. | |
Sanfter fällt die Kritik aus anderen Ländern aus: Berlin fordert, die Zahl | |
der Zentren „zu konkretisieren“, Hessen wünscht eine „rechtssichere | |
Definition von Begriffen“, aus Hamburg und Brandenburg verlautet, es gebe | |
Dinge, die „nachzubessern“ sind, Mecklenburg-Vorpommern erkennt nicht näher | |
präzisierten „Änderungsbedarf“, und Sachsen-Anhalt wüsste gern, „wo die | |
Ethikkommission angesiedelt sein soll“. Rundherum zufrieden ist nur | |
Niedersachsen: Das Land „begrüßt“ den Entwurf. | |
Im Bundesgesundheitsministerium reagiert man gelassen: Die Stellungnahmen | |
der Länder würden „ausgewertet“, sagt ein Sprecher. Am Mittwoch gebe es | |
eine erste Anhörung von Ländern und Verbänden. Im Herbst berate das | |
Kabinett über die Verordnung. Bis zur Abstimmung im Bundesrat sei also | |
Zeit. | |
22 Aug 2012 | |
## AUTOREN | |
E. Gamperl | |
H. Haarhoff | |
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