# taz.de -- Distanzierung nach Kunstaktion: Occupy bereut Buchverbrennung | |
> Zwei Aktivistinnen verbrennen Buch des New Yorker Occupisten David | |
> Graeber - auf dem Berliner Bebelplatz. Nun folgt die Entschuldigung. | |
Bild: Bilder aus besseren Tagen: Occupy-Aktion vorm Brandenburger Tor im Februa… | |
Mitten auf dem Bebelplatz sitzen 15 Menschen zwischen 20 und 50 Jahren im | |
Kreis auf dem Boden. Sie diskutieren heftig, drehen die gespreizten Hände | |
in schnellen Bewegungen vor dem Körper oder kreuzen die Arme, um Zustimmung | |
oder Ablehnung zu signalisieren. Die Gruppe von Occupy-AktivistInnen hält | |
eine Asamblea ab, die typische Diskussionsform der Bewegung. Wenige Meter | |
entfernt erzählt ein Touristenführer einer britischen Schulklasse von der | |
Bücherverbrennung, die im Mai 1933 auf dem Platz stattfand. | |
Auch die Occupyer sind wegen eines verbrannten Buchs hier. In der | |
vergangenen Woche zündeten zwei Aktivistinnen auf dem Bebelplatz symbolisch | |
das Buch „Inside Occupy“ des amerikanischen Anthropologen David Graeber an | |
und stellten ein Video davon ins Internet. In einer Erklärung kritisierten | |
sie die urheberrechtlich geschützte Veröffentlichung des Buchs sowie die | |
mediale Darstellung Graebers als Führer der Occupy-Bewegung. Die beiden | |
Aktivistinnen sahen in der Aktion eine künstlerische Performance. Andere | |
reagierten heftig und distanzierten sich, auch Graeber äußerte sich bei | |
Twitter. Das Video wurde wenig später aus dem Netz entfernt. Jetzt soll die | |
Versammlung am Ort des Geschehens zu einer Lösung führen. | |
Dietmar hat das Video zwar nie gesehen, er bezeichnet die Aktion trotzdem | |
als Katastrophe: „Kunst darf auch anecken, aber was hier passiert ist, geht | |
über die künstlerische Freiheit hinaus.“ Andere Occupyer sehen das ähnlich. | |
Darüber, dass die Form des Protests falsch war, herrscht bei der Asamblea | |
weitgehend Einigkeit. | |
Auch die Künstlerinnen sehen das inzwischen ein. Julia stammt aus Russland, | |
ihre Partnerin ist Amerikanerin. „Die historische Bedeutung des Platzes war | |
uns bewusst“, sagt Julia. Trotzdem seien sie überrascht, dass ihre | |
eigentliche Aussage bei der Diskussion komplett untergegangen sei. Beide | |
Aktivistinnen distanzieren sich nachträglich von der Form der Aktion: „Wir | |
wollten niemanden verletzen und entschuldigen uns dafür.“ Ihre Kritik an | |
„der kapitalistischen Vereinnahmung der Occupy-Bewegung“ wollen sie aber | |
aufrecht erhalten. | |
26 Aug 2012 | |
## AUTOREN | |
Magdalena Schmude | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Occupy-Bewegung | |
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