# taz.de -- Ein Viertel wäre zu haben: EWE kommunalisiert Netze | |
> Der Oldenburger Energieversorger bietet den Kommunen an, ihre profitablen | |
> Energieleitungen zum Teil zurück zu kaufen. | |
Bild: Zum Rückkauf angeboten: Stromnetz in Niedersachsen. | |
BREMEN taz | Landauf landab wird in den Kommunen über eine | |
„Rekommunalisierung“ ihrer Energienetze diskutiert. Die Oldenburger EWE | |
hatte dies bisher immer abgelehnt – nun hat Timo Poppe, | |
Generalbevollmächtigter Infrastruktur bei der EWE, den niedersächsischen | |
Landkreisen und Kommunen das Angebot gemacht, sich in zwei Schritten bis zu | |
25,1 Prozent an der EWE Netze GmbH zu beteiligen. Vermutlich wird der | |
Bremer Energieversorger SWB, eine fast 100-prozentige EWE-Tochter, der | |
Stadtgemeinde Bremen ein ähnliches Angebot machen. Aber noch ist das | |
Verhandlungssache. | |
Das Angebot klingt bestechend: Die Landkreise und Kommunen sollen eine | |
„Garantie-Dividende“ bekommen, die zwischen vier und fünf Prozent liegen | |
würde, also ohne finanzielles Risiko mitreden können. Das Angebot ist damit | |
auch eine günstige Kapitalbeschaffung für die EWE, die vor erheblichen | |
Investitionen steht und auf dem Kreditmarkt mehr Zinsen bezahlen müsste. Da | |
die Gemeinden und Landkreise im Aufsichtsrat der EWE-Netzgesellschaft ihr | |
Mitspracherecht gesammelt ausüben, vermeidet die EWE gleichzeitig, dass | |
eine einzelne Gemeinde sich zu sehr einmischen kann: Das „operative | |
Geschäft“ soll in der Hand der EWE bleiben. | |
An die 21 Landkreise und Kommunen, die direkt an der EWE beteiligt sind, | |
richtet sich das Angebot aber nicht. Auch nicht an die Stadt Oldenburg, den | |
größten der niedersächsischen EWE-Anteilseigner. Das EWE-Modell ist nicht | |
neu, sagt Christian Blömer, Sprecher der EWE: Die Eon-Tochter | |
Schleswig-Holstein-Netz AG hat es auch eingeführt. | |
Die Stadtgemeinde Bremen, in der die Konzessionsverträge demnächst | |
auslaufen, hatte eine Ausschreibung vorgenommen und die potentiellen Bieter | |
gebeten, gleichzeitig Modelle für eine Rekommunalisierung der Netze | |
vorzuschlagen. „Mehrere Angebote“ habe man, heißt es in Bremen, alles | |
weitere soll in den kommenden Monaten vertraulich verhandelt werden. Da die | |
Oldenburger EWE ihre Führungsetage weitgehend mit der ihrer Bremer Tochter | |
SWB verschmolzen hat, kann man davon ausgehen, dass in Bremen über dasselbe | |
verhandelt wird. | |
Bisher hatte die EWE sich auf verschiedenen energiepolitischen Tagungen | |
gegen eine Rekommunalisierung gewehrt – alle Ziele, die eine Kommune | |
vertreten könnte, wären bei der EWE in guten Händen, war das Argument, und | |
es werde für die Kommunen teurer. | |
Wolfgang Pfaffenberg, Professor an der privaten Bremer Universität der | |
Jacobs-Kaffee-Erben, hatte im Sinne der EWE vor einer Beteiligung der | |
Kommunen gewarnt: „Weder volkswirtschaftlich noch aus Sicht der | |
Energiekunden ist eine Rekommunalisierung mit dem erheblichen Risiko | |
weiterer Preissteigerungen sinnvoll.“ Zuletz haben zwei Ver.di-Funktionäre, | |
Immo Schlepper und Aloys Kiepe, die Kommunen im Namen der Gewerkschaft vor | |
den Risiken einer Rekommunalisierung gewarnt – beide sitzen allerdings im | |
Aufsichtsrat der EWE-Holding und werden in dieser Frage nicht als | |
unabhängige Gewerkschaftsvertreter verstanden. | |
Den Schwenk der EWE erklärt der Unternehmenssprecher damit, dass der | |
niedersächsische Energieversorger „im Dialog mit den Kommunen“ und seinen | |
kommunalen Anteilseignern stehe und dabei „diesen Wunsch wahrgenommen“ | |
habe. | |
27 Aug 2012 | |
## AUTOREN | |
Klaus Wolschner | |
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