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# taz.de -- Ökonom über die Wachstums-Enquete: „Berichte sind kein Wundermi…
> Gert Wagner spricht über aufgeblähte Gremien und Berichte, die keine
> Wundermittel sind. Er wünscht sich eine offenere Diskussion im Bundestag.
Bild: Verliert sich das Thema Lebensqualität im Strudel der Wachstums-Debatte?
taz: Herr Wagner, die Bundeskanzlerin hat einen „Bürgerdialog zur Zukunft
Deutschlands“ ins Leben gerufen. Dies ist eine direkte
Konkurrenzveranstaltung zur Enquete-Kommission „Wachstum, Wohlstand,
Lebensqualität“ im Bundestag. Ist eine solche Zweigleisigkeit sinnvoll?
Gert Wagner: Es ist gut, wenn das Thema „Lebensqualität“ gesellschaftlich
möglichst breit diskutiert wird. Konkurrenz belebt das Geschäft. Dadurch
steigt die Chance, dass tatsächlich neue Indikatoren wirkmächtig werden,
statt dass alle immer nur auf das Wachstum starren.
Aber die Enquete-Kommission im Bundestag ist doch schon denkbar breit
angelegt. Alle Parteien und sehr viele Experten sind vertreten. Braucht es
dann wirklich noch eine weitere Kommission der Bundeskanzlerin?
So ist das Leben nun mal. Bei der Regierung ist die Chance höher, dass es
auch zu einer Umsetzung kommt.
Die Expertengruppe der Bundeskanzlerin konnte sich nicht einigen, ob man
ein „Bundesinsitut für Fortschritt“ oder aber einen „Sachverständigenrat
für Wohlstand und Lebensqualität“ einrichten soll. Welche Variante würden
Sie bevorzugen?
Ein Bundesinstitut wäre sachlich und politisch wenig sinnvoll, denn das
wäre eine nachgeordnete Behörde. Sie wäre in die Regierungshierarchie
eingebunden. Ein Sachverständigenrat ist geeigneter, weil sich dort
sicherstellen lässt, dass die Wissenschaftlichkeit und Pluralität gewahrt
bliebe und die verschiedenen gesellschaftlichen Sichtweisen vorkommen.
Aber es gibt doch schon einen Rat, der sich im erweiteren Sinn mit
Lebensqualität beschäftigt – das ist der „Rat für Nachhaltige Entwicklun…
Warum braucht man ständig neue Gremien, die Berichte verfassen?
Dieser Rat ist kein Sachverständigenrat, sondern soll den
gesellschaftlichen Dialog fördern. Ein Sachverständigenrat für
Lebensqualität wäre eine direkte Konkurrenz für den „Sachverständigenrat
für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung“, auch „Fünf Weise“ genannt. …
Rat für Lebensqualität könnte seine Berichte zeitgleich erstellen – und
damit wäre gewährleistet, dass die wachstumszentrierte Sicht nicht
einseitig dominiert.
Statt immer neue Gremien zu schaffen: Wäre es nicht besser, die „Fünf
Weisen“ so zu erweitern, dass dort auch Experten für Lebensqualität und
Nachhaltigkeit sitzen?
Diese Variante wird in der Tat in Berlin diskutiert. Aber ich halte nichts
davon. In einem solch aufgeblähten Gremium würde man sich bestenfalls auf
den kleinsten gemeinsamen Nenner einigen und faule Kompromisse eingehen. Es
ist viel besser, den Konflikt zwischen Wachstum und Nachhaltigkeit offen
auszutragen, indem zwei Gremien existieren. Relevanz wird durch öffentliche
Debatten hergestellt.
Erwarten Sie nicht zu viel von diesen Berichten? Sie werden einmal
vorgestellt – und dann abgeheftet.
Berichte sind kein Wundermittel, das stimmt. Aber ein orchestrierter Streit
zwischen zwei Gremien hat Wirkung.
Die Expertengruppe der Bundeskanzlerin schlägt vor, dass der erste Bericht
2019 veröffentlicht werden könnte. Wofür braucht man so viel Zeit?
Es müsste möglich sein, einen ersten Bericht schon 2015 zu publizieren.
29 Aug 2012
## AUTOREN
Ulrike Herrmann
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