# taz.de -- Kinder bei McDonalds: McBuch mit doppelt Käse | |
> Gut fürs Image: McDonalds kooperiert mit der „Stiftung Lesen“. Wer sich | |
> jetzt ein Happy Meal bestellt, bekommt ein Kinderbuch dazu. | |
Bild: Würden Sie diesem Mann Ihr Kind anvertrauen? | |
BERLIN taz | Lesen macht dick. Das war schon immer so, weil beim Lesen | |
eindeutig weniger Kalorien verbrannt werden als beispielsweise beim Joggen. | |
Diese körperlich ungünstige Ausgangslage verschärft sich nun, wenn der | |
Buchberührung ein Happy Meal mit Big Tasty Bacon, Pommes mit Majo und einem | |
Becher Cola vorausgeht – und anschließend macht es die Buchseiten fettig. | |
Die „Stiftung Lesen“ ist nun eine Kooperation mit der US-Fastfood-Kette | |
McDonald’s eingegangen. Als Geschenk an die lieben Kleinen gibt es ab | |
Freitag nicht den üblichen unnützen Plastikkram, sondern ein Kinderbuch: | |
Wissenswertes über Dinos oder die Vampirschwestern oder den kleinen Drachen | |
Kokosnuss. Vier Millionen Bücher will McDonald’s im September unters | |
Kindervolk bringen, zielgruppenorientiert für Mädchen und Jungen und nach | |
Altersstufen getrennt. So weit, so erstaunlich. | |
Lesen ist auch nicht mehr das, was es einmal war, das ist schon klar. Bei | |
hierzulande 7,5 Millionen funktionalen Analphabeten ist die deutsche | |
Kulturnation in Gefahr. Doch das Buch steht auch in der Abenddämmerung der | |
bürgerlichen Epoche immer noch im Ruf, ein Kulturgut zu sein. Daraus wird | |
gern der Schluss gezogen, es wäre immer und in jedem Fall besser, wenn | |
Menschen lesen, als wenn sie es nicht tun. Egal was und wo es ist. | |
## Geschmacksverirrung | |
Aber gilt das auch im Schnellrestaurant? Wem hilft es, wenn Bücher als | |
Packungsbeilage irgendwo im Müllhaufen zwischen Styroporbechern und | |
Ketchupresten versinken? Nichts könnte weniger zusammenpassen als Fastfood | |
und ein doch vor allem auf Dauer angelegtes Leseerlebnis, das vielleicht | |
keine Kalorien verbraucht, aber doch sehr viel Zeit. Lesen dient dazu, den | |
eigenen Geschmack zu erweitern und zu verfeinern. Fastfood ist das | |
Gegenteil davon. So schlecht kann es um das Buch eigentlich gar nicht | |
bestellt sein, wie diese verzweifelte Partnerschaft der „Stiftung Lesen“ | |
nahelegt. | |
Für McDonald’s ist die Kampagne in jedem Fall ein Gewinn. Der Konzern kann | |
damit sein Image veredeln, indem er sich in den Dienst des Guten, Schönen | |
und Wahren stellt. Außerdem ergeben sich womöglich praktische | |
Synergieeffekte, wenn die für Rinderweiden abgeholzten argentinischen | |
Wälder sich in Kinderbuchpapier verwandeln. | |
Auch für die „Stiftung Lesen“ mag es nützlich sein, dass sie auf | |
Verpackungen, Plakaten und Tischsets für die Notwendigkeit der Sprach- und | |
Leseförderung und für ihre eigene Internetseite werben darf. Mit | |
„Leseförderung“ hat das bloße Werben aber definitiv nichts zu tun. Lesen | |
aus dem Geist von McDonald’s – das ist allenfalls ein unschöner Rülpser | |
nach dem Happy McMeal. | |
30 Aug 2012 | |
## AUTOREN | |
Jörg Magenau | |
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Abriss | |
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