# taz.de -- Religionen: "Zeigen, dass Religion keine Gewalt toleriert" | |
> Junge Muslime, Christen, Juden und Bahai stellen am Samstag einen | |
> gemeinsamen "Code of Ethics" vor. Interview mit der Projektkoordinatorin | |
> Sawsan Chebli. | |
Bild: Auf dem Schlossplatz mit der Ausstellung "Stadt der Vielfalt" wird der Et… | |
taz: Frau Chebli, wie gut klappt das friedliche Zusammenleben der | |
Religionen in Berlin? | |
Sawsan Chebli: Besser, als es in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. | |
Natürlich läuft manches falsch, es gibt Vorurteile, die die Wahrnehmung | |
negativ prägen. Aber in den vergangenen Jahren sind sehr viele gute | |
interreligiöse Projekte entstanden. Gewalttaten wie jetzt der Überfall auf | |
den Rabbiner sind natürlich eine harte Belastungsprobe. | |
Heute präsentieren Jugendliche verschiedener Religionen einen gemeinsamen | |
„Code of Ethics“. Wie kam es dazu? | |
Die Idee entstand im Rahmen des von der Senatsinnenverwaltung geförderten | |
Projekts JUMA – „jung, muslimisch, aktiv“. Die jungen Muslime, die sich b… | |
Juma für die Akzeptanz ihrer Religion stark machen, wollten aber nicht mehr | |
unter sich bleiben, sondern auch mit jungen Angehörigen anderer Religionen | |
diskutieren. So entstand JUGA – „jung, gläubig, aktiv“. Gemeinsame Aktio… | |
sollen nun zeigen, dass Religion nicht rückwärtsgewandt ist, keine Gewalt | |
toleriert, sondern, richtig verstanden, dazu aufruft, offen und friedlich | |
zu sein und andere anzuerkennen. | |
Wie viele machen mit? | |
Etwa 80 Muslime und 20 aus anderen Religionen. | |
Warum keine Religionslosen? | |
Unser Projekt richtet sich an Jugendliche, für die Religion einen wichtigen | |
Bestandteil ihrer Identität bildet. Für sie gibt es wenige Plattformen, wo | |
sie sich austauschen können. Aber es sollen auch Menschen angesprochen | |
werden, die nicht religiös sind. | |
Diskutieren die Jugendlichen auch solche Vorfälle wie den Überfall auf den | |
Rabbiner? | |
Natürlich wird diskutiert, und natürlich geht das nicht immer konfliktfrei, | |
wenn man junge Leute verschiedener Religionen hat, von denen sich jede als | |
einzig wahre sieht. Wir haben professionelle Trainer, die die Gruppe | |
betreuen und moderieren. Nach dem Angriff hat mich eine junge Muslima aus | |
der Gruppe angerufen und gesagt: Wir müssen etwas tun. Das ergab sich für | |
sie auch aus dem Code of Ethics. Nach dem Angriff auf eine jüdische Schule | |
in Toulouse im März haben die Jugendlichen eine jüdische Gemeinde besucht, | |
um Solidarität zu zeigen. | |
Was beinhaltet denn der Code? | |
Es sind sieben Codes: Gerechtigkeit, Empathie, Verantwortung, Vergebung, | |
Offenheit, Respekt und Wissen. Zu jedem erzählen die Jugendlichen | |
persönliche Geschichten. | |
Wie werden Sie das auf dem Schlossplatz präsentieren? | |
Wir haben auf einer Großleinwand ein Gruppenbild, auf dem sich 30 | |
Jugendliche darstellen, denen man die religiöse und ethnische Vielfalt | |
ansieht. Ein Platz auf dem Bild ist frei: Die Besucher sollen sich | |
dazustellen, Teil der Aktion werden und so die Vision eines respektvollen | |
Zusammenlebens unterstützen. Am 20. Oktober wollen wir die Aktion mit einer | |
großen Konferenz über den Code of Ethics beenden. | |
Erreichen Sie damit auch die, die lieber zuschlagen? | |
Es gibt in allen Religionsgemeinschaften Menschen, die Gewalt mit ihrer | |
Religion rechtfertigen. Natürlich wollen wir auch die erreichen. Viele | |
junge Muslime in Berlin hatten noch nie Kontakt zu Juden – und umgekehrt. | |
Da muss Aufklärung geleistet, Kontakt hergestellt werden. Die Jugendlichen, | |
die sich bei uns engagieren, sind hervorragende Vorbilder. | |
31 Aug 2012 | |
## AUTOREN | |
Alke Wierth | |
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