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# taz.de -- Brief der Ost-Linken: Kampfansage an den Westen
> In einem offenen Brief fordern Ost-Spitzenfunktionäre von den West-Linken
> „mehr Respekt“. Katja Kipping und Bodo Ramelow versuchen zu schlichten.
Bild: Doch noch etwas Mauer da? Zwischen Ost- und West-Linken kriselt es.
BERLIN taz | Bricht der Burgfrieden zwischen Ost und West, der seit der
Wahl von Katja Kipping und Bernd Riexinger in der Linkspartei herrscht?
Diesen Eindruck vermittelt ein Brief, den alle Partei- und Fraktionschefs
der Ost-Landesverbände an die Parteispitze geschrieben haben.
Der Schlüsselsatz in dem Papier lautet: „Wir erwarten mehr Respekt“.
Adressiert ist diese Klage an die Landesverbände im Westen. Moniert wird,
dass keiner im geschäftsführenden Parteivorstand mehr biografisch „die
Mitglieder, die in der DDR sozialisiert wurden“, vertritt. Offenbar fordern
die Ost-Chefs, dass also auch jemand mit SED-Parteibuch und der Erfahrung
der Überwindung dieses Erbes in diesem Gremium vertreten ist.
Zudem verlangen sie von den Westländern mehr „Ehrlichkeit bei den
Mitgliederzahlen“. Es gehe nicht mehr an, dass die Mitgliedsbeiträge im
Osten viel höher seien als im Westen. Der Text liest sich wie eine
Kampfansage Richtung Westen.
Bodo Ramelow, Mitunterzeichner des Briefes und Chef der Thüringer
Landtagsfraktion, sagte der taz: „Wir wollen nur unterstreichen, wie
wichtig die Ostkompetenz ist.“ Zudem sei es doch selbstverständlich, dass
die Landesverbände korrekte Daten über die zahlenden Mitglieder angeben.
Die Mitgliederzahlen sind die Hartwährung im innerparteilichen
Machtgerangel – denn sie entscheiden über die Delegiertenzahlen auf den
Parteitagen.
Im Osten mutmaßt man schon lange, dass die Westlandesverbände, die bei
Parteitagen per Delegiertenschlüssel sowieso bevorzugt werden, es mit der
Zahl der GenossInnen nicht so genau nehmen. Als das neue Mitgliedermagazin
verschickt wurde, so ein Ost-Linker, seien aus dem Westen „haufenweise
Exemplare zurückgekommen mit dem Vermerk: Unbekannt verzogen“. Ramelow
betont indes, dass er bei Mitgliederehrlichkeit und Karteileichen der
Parteispitze, Geschäftsführer Matthias Höhn und Schatzmeister Raju Sharma
„völlig vertraut“. Kein Widerspruch zur Parteiführung. Also alles bestens
und nur ein dummes Missverständnis?
## Kipping lobt den Brief
Parteichefin Katja Kipping reagierte in eine ähnliche Richtung. Sie lobte
den Brief, der „leider den Weg in die Presse gefunden“ habe, durchweg. Die
Linkspartei müsse weiter um die Angleichung der Ost-Renten kämpfen und, so
Kippings Botschaft, dürfe sich von den Medien „keinen Dissens aufzwingen
lassen“.
Caren Lay, Vizevorsitzende der Partei und Vertraute von Kipping, klingt da
etwas anders. „Natürlich ist es richtig“, so Lay zur taz, „respektvoll m…
den Ostgenossen umzugehen.“ Allerdings seien „Zeitpunkt und Adressat dieses
Briefes verwunderlich“. Will sagen: Der Brief wirkt, ob beabsichtigt oder
nicht, als Angriff auf das Führungsduo Kipping und Riexinger. Obwohl doch
beide, betont Lay, ihre Sommertouren demonstrativ vor allem bei der
Ostbasis absolvierten.
Der Zwist hat einen Vorlauf. Er ist ein Nachbeben des Göttinger Parteitags,
bei dem sich Gregor Gysi in seiner berühmten Rede („Es gibt auch Hass in
der Fraktion“) eindeutig auf Seite der Ostler positionierte. Mit korrekten
Mitgliederzahlen wäre Dietmar Bartsch jetzt Parteichef, hört man von
Ost-Linken nun machmal. Der Brief ist Ausdruck eines neuen, allerdings auch
etwas vergangenheitsfixiert wirkenden Selbstbewusstseins der Ost-Linken.
6 Sep 2012
## AUTOREN
Stefan Reinecke
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