# taz.de -- Kommentar Kosovo: Illusorische Hoffnungen | |
> Der schwelende Konflikt mit der serbischen Minderheit im Norden behindert | |
> die Entwicklung des Kosovo. Nur der Druck der EU kann für Abhilfe sorgen. | |
Der jüngste Staat Europas ist immer noch nicht ganz flügge geworden. Der | |
Rückzug des International Civil Office aus dem Land bedeutet noch nicht die | |
völlige Souveränität des Landes. Zwar haben über 90 Staaten Kosovo | |
diplomatisch anerkannt, doch nach wie vor behindern Russland und China aus | |
Rücksicht auf Serbien mit ihrem Veto im Weltsicherheitsrat die volle | |
Entfaltung der Staatlichkeit Kosovos. | |
Trotzdem ist es in all den Jahren der internationalen Gemeinschaft | |
gelungen, die Lage in und um Kosovo zu stabilisieren. Durch die UN-Mission | |
ab 1999 wurden die Grundlagen für den Aufbau staatlicher Institutionen | |
gelegt, nach der einseitigen Unabhängigkeitserklärung 2008 wurde der | |
Prozess systematisch weiter unterstützt. Die Zeit war jetzt reif dafür, der | |
kosovarischen Regierung weitere Kompetenzen zu übertragen. Kann Kosovo | |
jetzt aber wie ein unabhängiger Staat regiert werden? | |
Nicht ganz. Der schwelende Konflikt mit der serbischen Minderheit im Norden | |
behindert die Entwicklung des Landes. Serbien kann zwar nicht mehr umhin, | |
die Realität Kosovos zähneknirschend zu akzeptieren, doch es ist | |
psychologisch wie politisch noch nicht in der Lage, normale Beziehungen | |
herzustellen. | |
Nur der Druck der EU kann Serbien dazu zwingen, an diesem Punkt | |
nachzugeben. Erst wenn die Beziehungen zu Kosovo normalisiert werden, kann | |
Serbien die Mitgliedschaft in der EU ernsthaft anstreben. Diese | |
ursprünglich deutsche Position hat sich nach dem Sieg der Nationalisten und | |
Parteigänger Milosevic’ bei den letzten Wahlen mehr und mehr auch in | |
Brüssel durchgesetzt. | |
Hoffnungen, dass der rechtsgestrickte serbische Präsident das Land auf | |
einen neuen Weg führen kann, sind wohl illusorisch. Die EU, die Nato und | |
auch die USA werden sich deutlich engagieren müssen. | |
10 Sep 2012 | |
## AUTOREN | |
Erich Rathfelder | |
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