# taz.de -- Betrug in der Windparkbranche: Windige Prospekte | |
> Der Gründungskommanditist des Windparks Tewel bei Soltau, | |
> Vorstandsvoristzender der UMaAG Uwe Leonhardt, muss wegen unrichtiger | |
> Prospektangaben den Privatanlegern Schadensersatz zahlen. | |
Bild: Mittlerweile fühlen sich viele Privatanleger von Windparkbetreibern fina… | |
BERLIN taz | Wenn ab Dienstag die Windenergie-Messe mit 1.200 Ausstellern | |
in Husum stattfindet, muss sich die Branche verstärkt mit den dunklen | |
Seiten ihres bisherigen Booms auseinandersetzen. Denn viele Privatanleger | |
fühlen sich finanziell geprellt. | |
Die juristischen Streitigkeiten zwischen Kapitalverwaltern und Betreibern | |
von Windfonds einerseits und Privatinvestoren andererseits nehmen zu. Ein | |
einschlägiges Beispiel ist die Klage von zahlreichen Mitbesitzern des | |
Windparks Tewel bei Soltau in Niedersachsen, die sich unter anderem gegen | |
die renommiert Umwelt Management AG (UMaAG) aus Cuxhaven richtete. | |
In einem Urteil, das bereits am 30. November 2011 fiel, aber bisher nicht | |
bekannt geworden ist, befand das Oberlandesgericht Celle, dass Uwe | |
Leonhardt als einer der UMaAG-Chefs im Werbeprospekt für den Windpark | |
falsche Angaben gemacht und dadurch die Gewinnmöglichkeiten zu rosig | |
dargestellt habe. | |
Das Gericht verurteilte den Windparkunternehmer deshalb zu Schadenersatz | |
von gut 250.000 Euro plus Zinsen. Derartige Fälle von Betrug in der | |
Windkraftbranche scheinen keine Seltenheit zu sein. „Bei zahlreichen | |
Windfonds haben die Anleger mittlerweile erfolgreich wegen irreführender | |
Informationen in den Prospekten geklagt“, sagt Christian Herz von der Firma | |
Ökofair. | |
## Keine Statistiken über Betrugsverfahren | |
Er ist Vizechef des Anlegerbeirats des Bundesverbandes Windenergie. Eine | |
Statistik über die Zahl der Betrugsverfahren gibt es nicht. „Bei den großen | |
Massenpublikumsgesellschaften, die in der Boomphase 1997 bis 2005 eröffnet | |
wurden, erfüllen über die Hälfte die Prognosen nicht“, sagt Herz jedoch. | |
Im Fall des Windparks Tewel-Ilhorn-Söhlingen ging es unter anderem um das | |
zu erwartende Windaufkommen – eine entscheidende Größe dafür, ob die | |
Windräder einen Gewinn erwirtschaften und sich für die Anleger rechnen. | |
Das Gericht urteilte: „Hier liegt ein Prospektfehler vor.“ Die möglichen | |
Winderträge seien systematisch zu hoch angesetzt und die Anleger damit | |
getäuscht worden. „Die falsche Prognose war einer der Gründe dafür, warum | |
die Erträge weit unter Plan blieben“, sagt der Dresdener Wolfgang Strübing, | |
einer der Anleger und Kläger. | |
Statt einer versprochenen Rendite von über 6 Prozent jährlich habe man nur | |
eine einzige Ausschüttung von 2 Prozent erhalten, so Strübing. Hinzu kam, | |
dass die Betreiber den Windpark nach wenigen Jahren an einen Großinvestor | |
verkauften. Die meisten der Gesellschafter waren einverstanden, um zu | |
sichern, was noch zu retten war. | |
## Anleger bekamen weniger als die Hälfte zurück | |
Das Ergebnis dieses Geschäfts fiel ebenfalls ernüchternd aus. Laut Strübing | |
erhielten die Anleger nur 44 Prozent ihres eingezahlten Kapitals zurück. | |
Von 10.000 Euro blieben so 4.400 Euro. Den unternehmerischen Verlusten der | |
Gesellschafter gegenüberstellen muss man allerdings die Abschreibungen, die | |
die Steuerzahlung der Anleger in ersten Jahren erheblich reduzierte. | |
Aus Unterlagen, die der taz vorliegen, geht hervor, dass mindestens zehn | |
weitere UMaAG-Windparks mit Kapitalverlusten zulasten der Anleger von 15 | |
bis 50 Prozent verkauft wurden. Dazu schreibt die Firma auf Anfrage der | |
taz: „Die dargestellten Sachverhalte sind inhaltlich nicht korrekt. | |
Aufgrund der geringen Zeit und der fehlenden Informationen ist uns eine | |
weitere Stellungnahme zurzeit nicht möglich.“ Aktuell sind außerdem in | |
mehreren UmaAG-Windparks weitere Klagen anhängig. | |
UMaAG-Chef Leonhardt ist Vorsitzender der Regionalsektion Elbe-Weser-Nord | |
des Bundesverbandes Windenergie. Im Branchenverband liefern sich die | |
Vertreter der Betreiber und die Fürsprecher der Anleger gegenwärtig muntere | |
Auseinander-setzungen über die Frage, ob man weiterhin den Mantel des | |
Schweigens über die Missstände in der Branche breiten sollte. | |
## Klage der Verbraucherzentrale Hamburg | |
Zum Urteil gegen die UMaAG und zur angeknacksten Reputation ihres | |
Regionalvorstands Leonhardt sagt der BWE, dass der Richterspruch bislang | |
nicht vorgelegen habe und man ihn deshalb nicht habe prüfen können. | |
Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht hat derweil einer Klage der | |
Verbraucherzentrale Hamburg gegen ein Unternehmen der Prokon-Gruppe wegen | |
unlauterer Werbung stattgegeben. Dessen Verkaufsprospekt enthalte | |
irreführende Werbeaussagen zur vermeintlichen Sicherheit der Geldanlage. | |
## | |
BERICHTIGUNG | |
Entgegen unserer Darstellung in der Überschrift ist nicht die UMaAG zur | |
Zahlung von Schadenersatz an Privatanleger verurteilt worden, sondern der | |
Gründungskommanditist des Windparks Uwe Leonhardt. Der wurde nicht wegen | |
„Betrugs“ im strafrechtliche Sinne zu Schadenersatz verurteilt, sondern | |
wegen falscher Angaben in dem Ausgabeprospekt über die zu erwartende | |
Windgeschwindigkeit und der unrichtigen Wiedergabe der gutachterlich vor | |
der Prospektausgabe prognostizierten Risiken hinsichtlich des angenommenen | |
Windertrags. Der Prospekt, so das Gericht, verharmlose entgegen den aus den | |
Gutachten folgenden Erkenntnissen die Gefahr von Mindererträgen. DIE | |
REDAKTION | |
16 Sep 2012 | |
## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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