# taz.de -- Umstrittene Förderpolitik: Wietze wieder Zankapfel | |
> Niedersachsens Wirtschaftsminister Bode lobt den Schlachthof Wietze als | |
> soziales Jobwunder. Zweifel der Opposition an Subventionen. | |
Bild: Laut Niedersachsens Wirtschaftsminister ein "Segen für die gesamte Regio… | |
HANNOVER taz | Der Riesenschlachthof in Wietze sorgt im niedersächsischen | |
Landtag weiterhin für Zündstoff. Ein Jahr, nachdem die Geflügelschlachterei | |
im Landkreis Celle ihre Produktion gestartet hat, rühmt sie Niedersachsens | |
Wirtschaftsminister Jörg Bode (FDP) im Plenum als „Segen für die gesamte | |
Region“. Die Opposition hingegen hat neue Zweifel an den üppigen | |
Landessubventionen für den Schlachthof. | |
Ob die Celler Land Frischgeflügel GmbH für ihren Standort in Wietze weit | |
mehr Förderung erhalten hat als bislang bekannt, wollten die Grünen am | |
Donnerstag in einer Anfrage wissen. Sie waren darüber gestolpert, dass die | |
Gemeinde Wietze im Nachtragshaushalt 2012 einen 870.000 Euro-Zuschuss der | |
landeseigenen NBank zum Ausbau der Wasserversorgung eingestellt hat. Die | |
Grünen vermuten, dass der Schlachthof damit zusätzliche Förderung bekommt. | |
60 Millionen Euro hat Investor Franz-Josef Rothkötter in das Projekt | |
gesteckt. Bislang sind fünf Millionen Euro bekannt, die das Land als | |
einzelbetriebliche Förderung zuschießt. Zudem wurden der Gemeinde Wietze | |
1,5 Millionen Euro Infrastrukturförderung zur Erschließung des | |
Gewerbegebiets bewilligt, das eigens für die Rothkötter-Ansiedlung | |
eingerichtet wurde. | |
Wirtschaftsminister Bode erklärte im Landtag, der Zuschuss für die | |
Wasserversorgung sei bereits Teil der Infrastrukturförderung. Vermutungen, | |
an der Fördersumme sei nachträglich geschraubt worden, nannte er „Unsinn“. | |
Dass die bereits 2010 bewilligten NBank-Gelder erst jetzt im | |
Nachtragshaushalt erscheinen, sei ein „Missverständnis“: In Wietze habe man | |
zuvor schlicht „übersehen“, die 870.000 Euro einzustellen, sagte Bode. | |
Auch Vorwürfe, bislang stets nur Subventionen für den Bau von Straßen und | |
Zuwegen, nicht aber von Wasserleitungen angegeben zu haben, perlten an ihm | |
ab: Wasser zähle zur Infrastruktur wie Stromanschlüsse, Straßen oder | |
Telekommunikation. Welche Einzelmaßnahmen in welcher Höhe gefördert werden, | |
konnte Bode indes nicht aufschlüsseln: „Da fällt alles drunter, was man zur | |
Erschließung eines Gewerbegebiets braucht“, wich er Nachfragen aus. | |
Der Grünen-Agrarpolitiker Christian Meyer befürchtet, Schwarz-Gelb habe der | |
Gemeinde Wietze für die Schlachthof-Ansiedlung einen „Blankoscheck“ | |
erteilt. Und wittert „Geschmäckle“: Kein anderes Projekt erhielt 2010 | |
derart hohe Förderungen wie das im Wahlkreis des Wirtschaftsministers. | |
Konkurrenzprojekte wie die geplante Wiesenhof-Schlachterei in Ahlhorn etwa | |
kriegen keine Landesgelder. Meyer kündigt eine weitere Anfrage seiner | |
Fraktion an – zu „schwammig“ seien die bisherigen Auskünfte. Dringend wo… | |
man genau wissen, wofür in Wietze im Einzelnen Gelder beantragt und | |
bewilligt wurden. | |
Bode ließ unterdessen am Donnerstag keine Zweifel, dass die Landesregierung | |
„nach wie vor hinter der Förderung“ steht. Kritik an prekären | |
Arbeitsbedingungen in der Schlachtbranche und Forderungen nach einem | |
Mindestlohn bezeichnete er als „Popanz, der nicht gerechtfertigt ist“. | |
Missstände im Schlachtgewerbe schließe er „wie in allen anderen Branchen“ | |
nicht aus. In Wietze aber seien „Arbeitsplätze für Menschen mit schlechten | |
oder gar keinen Schulabschlüssen entstanden, die sonst keine Chance | |
hätten“, sagte Bode. „Das nenne ich sozial.“ | |
615 Festangestellte, fünf Azubis, im Schnitt 80 Zeitarbeiter mit 8,50 Euro | |
Stundenlohn beschäftige Rothkötter dort, referierte der | |
Wirtschaftsminister. Das habe ihm das Unternehmen gemeldet. Überprüft | |
wurden diese Angaben allerdings nicht. | |
27 Sep 2012 | |
## AUTOREN | |
Teresa Havlicek | |
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