# taz.de -- Kommentar Abtreibungsschiff Marokko: Wie schon vor Portugal | |
> Die Aktionen der „Women on Waves“ zeigen, welche wichtige Wirkung es hat, | |
> wenn Frauen ihre Lebensrealität darstellen können. | |
Bild: Trauer am Grab von Amina al-Filali: Die 16-Jährige war zuvor zur Ehe mit… | |
Fast ist es wieder wie 2004. Als die „Women on Waves“ damals mit ihrem | |
Abtreibungsschiff nach Portugal kamen, wurden sie ähnlich empfangen wie | |
heute in Marokko. Die Marine des Landes schickte „Kriegsschiffe, um die | |
Gebärmütter der Nation zu bewachen“, wie es ein Facebook-Kommentar treffend | |
beschrieb. | |
Der anschließende mediale Wirbel führte zu einer Debatte, in der endlich | |
die zu Wort kamen, die von dem Abtreibungsverbot betroffen waren: Frauen, | |
die zu unsicheren und überteuerten illegalen Abtreibungen gezwungen waren. | |
Nach einer anschließenden Volksabstimmung wurde Abtreibung legalisiert. | |
Einen ähnlichen Erfolg hatte die Kampagne „Ich habe abgetrieben“ in der | |
deutschen Illustrierten Stern 1972. Beide Beispiele zeigen, welche Wirkung | |
es hat, wenn Frauen ihre Lebensrealität darstellen können. Ebendeshalb ist | |
es die wichtigste Strategie von konservativen und religiösen | |
Abtreibungsgegnern, mit Schuld und Schamgefühlen durch die alleinige | |
Fokussierung auf den Embryo Frauen zum Schweigen bringen – so wie jetzt in | |
Marokko. | |
Der Vorwurf, dass „Women in Waves“ sich imperialistisch verhielten, wird | |
nur von ebendiesen Konservativen vorgebracht. Weltweit werden derzeit | |
Gesetze verabschiedet, die den Schutz der Tradition oder der Familie | |
vorgeben. Sie entpuppen sich meistens als Instrument, die neu erkämpften | |
Selbstbestimmungsrechte von Frauen einzuschränken. | |
In Nordafrika haben Frauen nicht weniger das Bedürfnis, ihre Gebärfähigkeit | |
zu kontrollieren, als in Europa. Das Abtreibungsverbot wurde in den meisten | |
afrikanischen Staaten erst von den Kolonialmächten eingeführt. Bis heute | |
sterben aufgrund dieses Verbotes jährlich weltweit immer noch 47.000 | |
Frauen. Der Aktion vor der marokkanischen Küste ist daher richtig – und | |
überfällig. | |
6 Oct 2012 | |
## AUTOREN | |
Sarah Diehl | |
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