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# taz.de -- Filmemacher diskutieren mit Kritikern: Ungeliebt und unverstanden
> Deutsche Filmemacher fühlen sich von den Kritikern oft ungerecht
> behandelt. Die Deutsche Filmakademie ließ beide Seiten miteinander
> diskutieren.
Bild: Ein Streitpunkt: Die Vergabekriterien des Deutschen Filmpreises.
BERLIN taz | „Filme gibt es auch ohne Kritik, aber die Kritik nicht ohne
Filme“, stellte der Produzent Sven Burgemeister gleich zu Beginn fest.
Tatsache, doch im weiteren Verlauf der Podiumsdiskussion gewann man den
Eindruck, die Filmemacher würden sich sehr viel mehr an der Kritik
abarbeiten als umgekehrt. „Wir müssen reden“ – unter diesem Motto hatte …
Deutsche Filmakademie am Freitagabend in Berlin eine Podiumsdiskussion
veranstaltet, in der Filmemacher und Filmkritiker aufeinandertrafen.
Dass es Redebedarf auch von Seiten der Filmkritiker gibt, zeigt ein Offener
Brief, in dem sich am Donnerstag zwanzig Filmjournalisten an die Deutsche
Filmakademie gewandt haben. Die Unterzeichner [1][fordern die Filmakademie
auf], die Vergabe des Filmpreises, der Lolas, zu überdenken.
Im Moment stimmen die über 1.300 Mitglieder der Akademie über die Sieger
des Filmpreises ab, was, so die Filmkritiker, zu einer „unübersehbaren
Tendenz zum kleinsten gemeinsamen Nenner, zu einem Konsenskino" führe. Dies
sei besonders fragwürdig, denn der Filmpreis ist mit der Vergabe von drei
Millionen Euro Fördergeldern verknüpft, woraus eine besondere Verantwortung
für die Akademie erwachse.
Noch vor der Veranstaltung am Freitag [2][wies die Filmakademie die Kritik
zurück]. Die schon länger anberaumte Gesprächsrunde wollte man nun nicht zu
einer Diskussion um den Filmpreis umfunktionieren, sondern beim
eigentlichen Thema bleiben: die Beziehung zwischen Filmkritik und
Filmbranche.
## Überraschungsgast Til Schweiger
Unter der Moderation von Alfred Holighaus, Geschäftsführer der
Filmakademie, sprachen die ProduzentInnen Manuela Stehr und Sven
Burgemeister, der Filmemacher Marc Rothemund und die FilmkritikerInnen
Cristina Nord (taz), Andreas Kilb (FAZ) und Peter Körte (FAS) – alle drei
Unterzeichner des Offenen Briefes. Als kurzfristig angekündigter Gast stieß
Filmemacher und Schauspieler Til Schweiger dazu, der ja eine ganz besondere
Hass-Beziehung zur Filmkritik pflegt, die sich unter anderem darin
ausdrückt, dass er seine Filme der Presse nicht mehr vorab zeigt.
Von Beginn an befanden sich die Filmemacher in der offensiveren Position.
Sehr schnell wurde deutlich, dass große Uneinigkeit schon darüber herrscht,
was Kritik an sich leisten soll. Die Produzenten Burgemeister und Stehr
wünschten sich eine besondere Sympathie, ja Verantwortung der Kritik gerade
dem deutschen Film gegenüber, der es nicht leicht habe, was Produktion und
auch Distribution angehe. Man müsse doch „Seite an Seite“ gehen und „den
deutschen Film in der Wahrnehmung nach vorne bringen“, so Stehr.
Während Andreas Kilb ein gewisses Verständnis dafür einräumte, wollte sich
Cristina Nord die Rolle des Advokaten für den deutschen Film ganz und gar
nicht auferlegen. Sie spüre weder eine besondere Liebe noch eine besondere
Verantwortung gegenüber dem deutschen Film, höchstens gegenüber Film
generell. Ihre Aufgabe sehe sie darin, in Texten „ästhetische Phänomene
nachvollziehbar und anschaulich zu machen“ und einen Diskurs anzuregen.
Auch was die Macht der Filmkritik angeht, waren die Teilnehmer sich uneins.
Interessanterweise hielten die Kritiker selbst ihre Texte für wenig
einflussreich, ob und wie ein Til-Schweiger-Film in der taz besprochen
werde, habe überhaupt keine Wirkung, so Nord. Nicht nur Schweiger, sondern
auch Produzentin Stehr widersprachen. Stehr verwies auf den Film „Liebe“,
der in allen Feuilletons groß und sehr positiv besprochen wurde und der, so
Stehr, vor allem deswegen einen unerwartet erfolgreichen Kinostart hatte.
##
Die Stimmung in der Diskussionsrunde und auch im Publikum changierte
manchmal ins Aggressive, worin sich auch eine große Verletzlichkeit zeigte:
Filmemacher arbeiten Jahre an einem Projekt, stecken all ihr Herzblut und
ihre Kraft hinein, und dann kommt ein Kritiker und zerpflückt das Werk in
einem einzigen Text.
Vor allem die Kritiken, die „unter die Gürtellinie gehen“, wie Regisseur
Rothemund mehrmals sagte, seien verletzend. Er erlebe so viel „Hohn, Spott
und Häme“ von Seiten der Kritik. Auch seien Kritiken oft zu subjektiv und
zu bewertend.
Gegen Ende brach es dann aus dem Kritiker Andreas Kilb heraus: „Ich möchte
jetzt auch mal etwas fragen“, sagt er und spricht damit die Filmakademie
an. „Ihr tut so, als wäre die Filmkritik das Problem. Aber glaubt ihr
wirklich, dass bei euch alles gut ist? Findet ihr es wirklich gut, dass ein
Film alle wichtigen Lolas bekommt, dass immer die selbe Art von Film
gewinnt?“
So kamen der Offene Brief und die Vergabe der Lolas doch noch in die
Diskussion, auch wenn die Teilnehmer schon etwas ermüdet schienen. Die
Filmemacher auf dem Podium versicherten, dass in der Akademie intern
ständig über die Vergabepraxis diskutiert werde. Cristina Nord kritisierte
die Intransparenz solcher internen Diskussionen.
Es besteht also weiterhin Redebedarf.
20 Oct 2012
## LINKS
[1] /Aufruf-von-FilmkritikerInnen/!103747/
[2] http://www.deutsche-filmakademie.de/no_cache/herzlich-willkommen/aktuelles/…
## AUTOREN
Lisa Goldmann
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