# taz.de -- Harter Kurs gegen Obdachlose: "Nicht mit dem Hochdruckreiniger" | |
> Die Stadt hat der Bahn die Zuständigkeit für die überdachten Bereiche am | |
> Hauptbahnhof übertragen. Nun droht die Verdrängung von Obdachlosen und | |
> Trinkern | |
Bild: Andy Grote ist Bezirksamtsleiter in Hamburg-Mitte. | |
taz: Herr Grote, die Stadt will sich schon länger aus der Verantwortung für | |
den Bahnhofsvorplatz ziehen. Der schwarz-grüne Senat und der ehemalige | |
Bezirksamtsleiter Markus Schreiber haben es nicht geschafft, und jetzt | |
kommen Sie und setzen den harten Kurs gegen Obdachlose durch? | |
Andy Grote: Nein, es handelt sich in der Regel bei den exzessiven Trinkern | |
am Hauptbahnhof auch gar nicht um Obdachlose. Die Situation um den | |
Hauptbahnhof wird von der Stadt und der Bahn gemeinsam gestaltet. Die Bahn | |
sieht auch, dass sie für das Erscheinungsbild ihres Bahnhofs selber etwas | |
beitragen und Verantwortung übernehmen muss. Die Stadt zieht sich nicht aus | |
der Verantwortung. Sie hat nur die absurde Situation bereinigt, dass das | |
Gebäude der Bahn, die Dächer aber der Stadt gehören. Hier wird nun die | |
Zuständigkeit der Bahn für zehn Jahre überlassen. | |
Aber die Bahn wollte diese Zuständigkeit eigentlich nicht. | |
Ich weiß nicht, was vorher schief gelaufen ist, da war ich ja noch nicht | |
beteiligt. Vielleicht hat der runde Tisch jetzt besser gearbeitet. Es waren | |
nicht nur die Stadt und die Bahn dabei, sondern auch die sozialen Träger. | |
Und die begrüßen das Ergebnis? | |
Die sozialen Träger waren jetzt nicht diejenigen, die an vorderster Front | |
wollten, dass die Fläche jetzt dringend an die Bahn gehen soll. Aber das | |
Ergebnis ist mitgetragen worden. | |
Haben Sie auch mit denjenigen gesprochen, die verdrängt werden sollen? | |
Die häufig schwerst alkoholkranken Menschen sind in der Regel nicht gut | |
ansprechbar. Den Kontakt können am ehesten noch diejenigen herstellen, die | |
dort in der Straßensozialarbeit unterwegs sind. | |
Was wird sich konkret unter den Dächern verändern, stehen da künftig | |
Sicherheitskräfte? | |
Es geht nicht darum, von einem Tag auf den anderen ein ganz neues Regime | |
einzuführen. Aber das ist jetzt Sache der Bahn, die wird das natürlich mit | |
Augenmaß machen. Im Bahnhof hat man ja auch nicht den Eindruck, dass alles | |
klinisch sauber ist. Wenn aber auf den Wegen, die in den Bahnhof führen, | |
exzessiv getrunken und gelagert wird, wird die Bahn schon sagen: „Jungs, | |
geht mal ein Stück weiter“. Es ist aber nicht so, dass sie da jetzt alle | |
zehn Minuten mit dem Hochdruckreiniger durchgeht. | |
Sie wollen also nicht die soziale Säuberung der Innenstadt vorantreiben? | |
Um das mal ganz deutlich zu sagen, ich bin überhaupt nicht der Meinung, | |
dass wir Menschen, die kein Geld haben und auch gerne mal einen trinken, | |
aus der Innenstadt verdrängen sollten. Ich bin auch nicht für | |
Alkoholverbote im öffentlichen Raum. Mir geht es schlicht darum, dass wir | |
im Übergang vom öffentlichen Raum in das Bahnhofsgebäude bestimmte | |
Verhaltensregeln einfordern müssen. Das ist keine Verdrängung, wir sprechen | |
hier nur von wenigen Metern. | |
Gibt es denn ein Konzept, die Plätze so zu gestalten, dass diejenigen, die | |
unter den Dächern weggeschickt werden, sich dort besser aufhalten können? | |
Ich fände es gut, wenn es einen geschützten Aufenthaltsraum gäbe. Wenn man | |
einen Bereich schafft, den man als Aufenthaltsraum erkennen kann, der | |
Toiletten und soziale Angebote hat. | |
Einen Trinkerraum? | |
Ich weiß nicht, ob das die optimale Bezeichnung ist. An bestimmten Stellen, | |
an denen sich ein Konflikt zugespitzt hat, soll die Lage entschärft werden. | |
Im Bahnhofsumfeld wird sich baulich einiges ändern müssen. | |
Wird es im Gegenzug mehr Hilfsangebote geben? | |
Ich finde das richtig, mir fehlt nur bei denjenigen, die das fordern, eine | |
konkrete Idee, wie man den Menschen besser helfen kann. Man kann ja nicht | |
einfach mantraartig verbesserte Angebote fordern. | |
26 Oct 2012 | |
## AUTOREN | |
Lena Kaiser | |
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