| # taz.de -- Hamburger SV gegen Bayern München: Stürmerchen unterliegt Großko… | |
| > Ein potenzielles Tor des Jahres, exzellente Vorlagen und sieben Punkte | |
| > Vorsprung in der Liga. Die Bayern lassen dem HSV nicht den Hauch einer | |
| > Chance. | |
| Bild: Immer wieder bliebt nach Treffern: Rudelbildung | |
| HAMBURG dpa | In Hamburg können sie es einfach nicht lassen, von | |
| vergangener Größe zu träumen. „HSV stolpert in die Spitze und fordert die | |
| Bayern heraus“, hatte das Hamburger Abendblatt vor einer Woche getitelt, in | |
| einem skurrilen Nebeneinander von nüchterner Analyse und Wahnvorstellung. | |
| Beim Hamburger Sportverein selbst sieht man es nüchterner: „Wir wussten, | |
| dass die Bayern kein Maßstab sind“, sagte Tolgay Arslan nach der | |
| 0:3-Niederlage. | |
| Trainer Thorsten Fink hatte so viel Respekt vor seinem ehemaligen Klub, | |
| dass er die defensivste Aufstellung seiner Amtszeit gewählt hatte: Ohne | |
| Sturm, allenfalls Rafael van der Vaart stach als eine Art Mittelstürmerchen | |
| ab und zu aus dem Sechser-Mittelfeld heraus. | |
| „Die Taktik war nach dem 0:1 natürlich hinfällig“, sagte Marcell Jansen, | |
| „dann mussten wir ja was kreieren.“ Da war gerade eine gute halbe Stunde | |
| gespielt, in der es so ausgesehen hatte, als könnten der HSV den FC Bayern | |
| mit viel Laufarbeit und ein bisschen Glück auf Distanz halten. Aber Chancen | |
| kreieren? Das konnten die Hamburger nicht. | |
| Dieses 0:1 war bezeichnend: Es entstand aus einer Ecke für den HSV, die im | |
| Strafraum aber keinen Abnehmer fand. Nach Franck Ribérys sehr langem Pass | |
| schaffte HSV-Torhüter René Adler es zwar, Toni Kroos weit abzudrängen. | |
| Bevor der zum flanken kam, hatte die HSV-Abwehr eigentlich viel Zeit, um | |
| sich zu sortieren. Klappte aber nicht. So konnte Bastian Schweinsteiger | |
| über das halbe Feld herantraben und die Flanke von Kroos ins Tor hechten. | |
| ## Schwärmender Chef-Euphoriker | |
| Nach der Pause machten die Bayern kurzen Prozess: Thomas Müller und Toni | |
| Kroos stellten in acht Minuten ein standesgemäßes Ergebnis her. Bayern | |
| Trainer Jupp Heynckes hätte sauer sein können, dass seine Mannschaft den | |
| HSV danach nicht abschoss. Er gab nach dem Spiel den Chef-Euphoriker, | |
| schwärmte vom Teamgeist, vom Spielfluss, von „wunderbaren Ballpassagen“ und | |
| vom Umschaltspiel seiner Bayern, das „allererste Sahne“ gewesen sei. | |
| Bei seinen auffälligsten Offensivspielern Franck Ribéry und Mario Mandzukic | |
| lobte er das Defensivverhalten. Das sei der zentrale Unterschied zur | |
| vergangenen Saison: Das Defensivverhalten der gesamten Mannschaft sei stark | |
| verbessert. Das führt Heynckes auch auf den „in diesem Jahr qualitativ | |
| guten Kader“ zurück, der überall Konkurrenz entstehen lasse. | |
| Heynckes erinnerte an das 4:0 im Pokal gegen Kaiserslautern am vergangenen | |
| Mittwoch. „Da habe ich auf neun Positionen umgestellt, und man hat es gar | |
| nicht gemerkt.“ Er hatte recht. Nicht einmal Sportdirektor Matthias Sammer | |
| fand etwas zu meckern. | |
| ## Kollektiver Bienenfleiß | |
| Die Kehrseite dieser heilen Bayern-Welt ist allerdings Langeweile. | |
| Langeweile in einem Spiel, in dem man zwar offenen Mundes die Balance aus | |
| spektakulären Spielzügen der Bayern und ihrem kollektiven Bienenfleiß | |
| bestaunen kann, in dem aber keine Spannung aufkommt. Und Langeweile in | |
| einer Liga, in der der FC Bayern mit Riesenschritten davoneilt. | |
| Thorsten Fink konnte nur neidisch sein. Er hätte sicher gern zwei, drei | |
| Leute aus Bayerns zweiter Elf. Im Augenblick hat er nur zwei Spieler, die | |
| den Bayern auf Augenhöhe begegnen: Torwart René Adler, der anders als sein | |
| Konkurrent Manuel Neuer trotz eines Fehlers beim 0:2 reichlich | |
| Gelegenheiten hatte, seinen Anspruch auf die Nummer eins in der Nationalelf | |
| zu untermauern. | |
| Und natürlich Rafael van der Vaart. „Das wird ein Van-der-Vaart-Spiel“, | |
| hatte Berufs-Fußballexperte Thomas Helmer vorm Spiel gesagt – und damit den | |
| größtmöglichen Gemeinplatz bemüht. Denn seit der Holländer auf den letzten | |
| Drücker zum HSV zurückgekehrt ist, sind alle Spiele Van-der-Vaart-Spiele. | |
| Hat er mal einen schwachen Tag, ist der HSV meist chancenlos. Gegen die | |
| Bayern wirkte er oft wie ein Dirigent ohne Orchester. Auch van der Vaart | |
| kann nicht alles, jedenfalls nicht alles gleichzeitig: Bälle am Strafraum | |
| abholen, das Spiel aufbauen, Torgelegenheiten herausspielen und nutzen, | |
| Ecken treten und selbst verwandeln – irgendwann ist auch mal gut. | |
| 4 Nov 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Jan Kahlcke | |
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