# taz.de -- Arbeitsbedingungen im Hafen: Stille Post an den Hafensenator | |
> Die Bremer Hafenstauerei Schultze hat trotz vieler Widerstände wieder | |
> einen Betriebsrat. Der fühlt sich von Hafensenator Günthner (SPD) im | |
> Stich gelassen. | |
Bild: Wer bei der Bremer Hafenstauerei Schultze die Container entlädt, hat daf… | |
Nach acht Jahren ohne Interessenvertretung haben die Arbeiter der Bremer | |
[1][Hafenstauerei] Schultze am Sonntag einen Betriebsrat gewählt. | |
Angetreten war eine Liste der Hafenarbeitergewerkschaft [2][Contterm], | |
deren drei Vertreter auch gewählt wurden. Trotz erfolgter Wahl kritisiert | |
Gewerkschaftssekretär Sascha Schomacker mangelnde politische Unterstützung | |
für den Wahlvorstand; vor allem von Wirtschafts- und Hafensenator Martin | |
Günthner (SPD) habe sich die Belegschaft Hilfe gewünscht, denn der Senat | |
ist Mehrheitseigner des Hafenumschlagsunternehmen [3][BLG], und das | |
wiederum ist an der Stauerei beteiligt. | |
Gegen Geschäftsführer Stefan Schultze hatte Contterm Anfang Oktober | |
Strafanzeige wegen Behinderung einer Betriebsratswahl erstattet. Sie wirft | |
ihm vor, die Aushändigung einer Beschäftigtenliste verweigert, Mitarbeiter | |
unter Druck gesetzt und die Wahl des Wahlvorstandes angefochten zu haben. | |
Dennoch habe ihn die Anzeige nicht davon abgehalten, auch die nun erfolgte | |
Wahl im Vorfeld zu behindern: „Auf einmal sollten sich genau am Tag der | |
Wahl so viele Schiffe angekündigt haben, dass plötzlich alle Mitarbeiter | |
gebraucht wurden“, so Schomacker. „Angesichts dessen ist eine | |
Wahlbeteiligung von rund 50 Prozent der Kollegen sehr erfreulich.“ | |
Im Kampf gegen das Unternehmen hatten die Stauerei-MitarbeiterInnen | |
Unterstützung sowohl von der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di als auch | |
von politischer Seite eingefordert. Während Ver.di bei den | |
Betriebsratswahlen in der Stauerei keine eigene Liste eingereicht und mit | |
den Mitgliedern der „Konkurrenzgewerkschaft“ nichts zu tun haben wollte, | |
erklärte sich der Bremer Landesverband der Linkspartei nach einem Treffen | |
mit dem Wahlvorstand solidarisch. | |
„Wir haben auch um Unterstützung durch Hafensenator Günthner gebeten“, so | |
Schomacker. Ein entsprechendes Schreiben sei Anfang Oktober an Uwe Schmidt | |
gegangen, der für die SPD in der Bremerhavener Stadtverordnetenversammlung | |
sitzt und Sprecher der Betriebsgruppe Hafen ist: „Wir haben Schmidt damit | |
beauftragt, den Brief auch an den Hafensenator weiterzuleiten, weil er | |
einen direkten Draht dorthin hat“, sagt Schomacker. Nur leider habe Martin | |
Günthner bis heute nicht darauf reagiert. „Das bedauern wir vor allem | |
deswegen sehr, weil der Senat Mehrheitseigner der BLG ist – und die | |
Stauerei zu einem großen Teil der BLG gehört. Der Senat kann doch nicht | |
einerseits einen Mindestlohn für öffentliche Arbeitgeber in Bremen | |
beschließen, andererseits aber die Behinderung von Betriebsratswahlen in | |
einem Unternehmen ignorieren, das zum Teil ihm gehört!“ | |
Günthner hat besagtes Schreiben jedoch gar nicht erhalten – denn Uwe | |
Schmidt hat es gar nicht weitergeleitet: „Ich bin doch kein Briefträger“, | |
sagt er. Er habe Günthner aber das Anliegen der Stauerei-Mitarbeiter sowie | |
deren Bitte um ein Gespräch mit ihm mitgeteilt. | |
„Vielleicht ist so eine stille Post, in der eine Gewerkschaft jemanden | |
bittet, ein Schreiben an den Wirtschaftssenator weiterzuleiten, nicht | |
gerade der richtige Weg“, sagt dazu Holger Bruhns, Sprecher des | |
Wirtschaftssenators. Es sei jedenfalls keine konkrete Schilderung des | |
Sachverhaltes angekommen. „Herr Günthner war mit diesem Thema nicht | |
befasst.“ Die Schultze-Mitarbeiter könnten sich aber gerne jederzeit mit | |
ihrem Anliegen direkt an ihn wenden. | |
Sascha Schomacker ist hörbar geschockt über die Mitteilung, dass der | |
Contterm-Brief in Bremerhaven stecken geblieben ist. „Trotzdem“, sagt er, | |
„ist es meines Erachtens aus sozialdemokratischer Sicht beschämend, wenn | |
der Hafensenator trotz Kenntnis des Vorfalls nicht von sich aus auf die | |
Arbeitnehmer zugeht. Von einem SPD-geführten Senat erwarte ich da schon | |
seinen Einsatz für betriebliche Mitbestimmung.“ | |
Denn trotz der Betriebsratswahl seien die Probleme in der Hafenstauerei | |
noch nicht gelöst: „Dem Betriebsrat werden unter anderem Räumlichkeiten für | |
seine Arbeit verweigert.“ | |
20 Nov 2012 | |
## LINKS | |
[1] http://www.hafenstauerei.de/ | |
[2] http://www.contterm.de/ | |
[3] http://www.blg.de | |
## AUTOREN | |
Simone Schnase | |
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