# taz.de -- Bauhistoriker Gert Kähler über die neue U-Bahn: "Kein angenehmer … | |
> Hauptaufgabe einer U-Bahn-Station sei, die Menschen von der Finsternis | |
> abzulenken, sagt Bauhistoriker Gert Kähler. | |
Bild: Feierlich eröffnet: die neuen Stationen für die U 4. | |
taz: Herr Kähler, wie gefallen Ihnen die Fotos der neuen U-4-Stationen, die | |
am Mittwoch feierlich eröffnet wurden? | |
Gert Kähler: Beim „Überseequartier“ versuchen die Architekten auf die | |
Unterwasser-Situation einzugehen, indem sie Kacheln am Boden dunkelblau und | |
nach oben immer hellblauer werden lassen. Diese Idee finde ich gut. Bei der | |
Hafencity-Universität wirken die Leuchtkörper an der Decke wie Container, | |
was zur maritimen Umgebung passen würde. Weiteres möchte ich erst sagen, | |
wenn ich die Stationen selbst gesehen habe. | |
Aber ist U-Bahn-Stations-Ästhetik nicht der Versuch, ein Gefängnis schön zu | |
machen? | |
Das würde ich so nicht sagen. Natürlich ist eine unterirdische | |
U-Bahn-Station kein besonders angenehmer Ort. Aber die Aufgabe des | |
Architekten ist, ihn angenehm zu machen. | |
Die Chancen dafür stehen schlecht, nicht wahr? | |
Nein. Denn Architektur kann ja auch unbewusste emotionale Wirkungen | |
erzielen. Bei der U-Bahn-Station muss ich die Leute davon ablenken, dass | |
sie tief unter der Erde sind. Da ist es ein großer Unterschied, ob ich die | |
Wände schwarz streiche oder weiß. | |
Reißen sich Architekten eigentlich darum, U-Bahn-Stationen zu entwerfen? | |
Nein. Solch eine Station ist ein Zweckbau und wird oft auch finanziell so | |
behandelt. Aber der Architekt kann schon etwas ausdrücken. Die | |
S-Bahn-Station Hammerbrook gleicht einem Zug. Und die Station Rödingsmarkt | |
wurde aus der Konstruktion der Hochbahnstrecke entwickelt, betont also die | |
technische Errungenschaft „Hochbahn“. | |
Manche Stationen sind sehr konträr: Die „Hallerstraße“ am Rotherbaum zier… | |
gemalte Tennisspieler. Aber die „Reeperbahn“ hat rote Wände samt | |
schlamm-artigem Bodenmuster. Spiegelt dieser Unterschied das Image des | |
Stadtteils? | |
Ausschließen kann ich es nicht; ich vermute aber eher Gedankenlosigkeit. | |
Wobei es bei der Hallerstraße wohl einen Wettbewerb gab, während die | |
Bahnhöfe der 60er, 70er Jahre vor allem praktisch sein mussten. | |
Hell und gekachelt. | |
Ja. Und die Idee, dass die Kachel sauber wirkt, spielt sicher hinein. | |
Vermutlich auch die Komponente: „Wir müssen das gut reinigen können.“ | |
Gibt es eine ästhetische Weiterentwicklung des Hamburger | |
U-Bahn-Stationen-Baus? | |
Es gibt eine Geschichte. Ob es eine Weiterentwicklung im Sinne einer | |
Verbesserung ist, darüber kann man streiten. In den 20er Jahren hat der | |
Architekt Karl Schneider zum Beispiel Teile der sehr gelungenen Station | |
„Kellinghusenstraße“ entworfen. Auch nach 1945 gab es Versuche, | |
U-Bahn-Stationen ästhetisch ansprechend zu gestalten. Ob wir sie heute als | |
gelungen empfinden, ist eine andere Frage. | |
28 Nov 2012 | |
## AUTOREN | |
Petra Schellen | |
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