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# taz.de -- Tamilen protestieren in Sri Lanka: Ende der Friedhofsruhe
> Erstmals seit der militärischen Niederlage der Tamil Tigers protestieren
> Tamilen wieder. Polizei und Armee greifen ein, 20 Menschen wurden
> verletzt.
Bild: Tamilische Frauen in Jaffna, im Norden Sri Lankas.
BANGKOK taz | Sri Lankas Polizei und Armee haben am Mittwoch in Jaffna im
Norden des Landes einen Protest tamilischer Studenten niedergeschlagen und
dabei Berichten zufolge mindestens 20 Demonstranten verletzt. Es war der
größte Protest, seit Regierungstruppen die Rebellen der Befreiungstiger von
Tamil Eelam (LTTE oder Tamil Tigers) nach einer brutalen Offensive im Mai
2009 militärisch besiegt haben.
Bereits am Dienstag hatten Soldaten und Polizisten Schlafsäle der
Universität von Jaffna gestürmt und nach verbotenen Materialien durchsucht.
Einige Studenten hatten offenbar versucht, den „Tag der Märtyrer“ zu
begehen, an dem LTTE-Anhänger alljährlich ihrer getöteten Kämpfer gedenken.
Die Regierung in Colombo hatte erst im August des vergangenen Jahres den
Notstand aufgehoben, der über einen großen Teil des Landes verhängt war.
Doch sind in den Siedlungsgebieten der Tamilen im Norden und Osten des
Landes noch immer zigtausende Soldaten und paramilitärische Polizisten
stationiert. Kritiker sagen, dass diese Gebiete damit unter militärischer
Besatzung stünden.
Die US-Botschaft in Colombo rief am Donnerstag in einer Erklärung die
Behörden dazu auf, „Zurückhaltung zu üben und friedliche Demonstrationen zu
respektieren“. Politiker der Tamil National Alliance (TNA), Sri Lankas
größter Tamilenpartei, forderten die Regierung auf, ihre Soldaten auf der
Jaffna-Halbinsel in die Kasernen zu verbannen. Dazu dürfte es kaum kommen.
Sri Lankas Armee hat heute 300.000 Soldaten – mehr als bei Kriegsende 2009.
Offenbar befürchtet die Regierung ein erneutes Aufflammen des militanten
tamilischen Separatismus.
## 40.000 Tote in den letzten Kriegsmonaten
Diese Sorge erscheint nachvollziehbar. Denn die Regierung hat es seit dem
Sieg über die LTTE 2009 verpasst, glaubwürdige Schritte zu einer Aussöhnung
einzuleiten. Schon die Art, wie die Rebellen geschlagen worden sind, macht
ein friedliches Zusammenleben ohne eine umfangreiche Aufarbeitung der
letzten Kriegsmonate nur schwer vorstellbar. Die Vereinten Nationen
schätzen, dass in den letzten Kriegsmonaten 40.000 Zivilisten, überwiegend
Tamilen, ums Leben gekommen sind.
Die tatsächliche Zahl der Todesopfer könnte deutlich höher sein. Zwar
begingen auch die Rebellen schwerste Kriegsverbrechen, indem sie etwa
Zivilisten ermordeten, die aus den LTTE-Gebieten fliehen wollten.
Glaubwürdige Berichte legen jedoch nahe, dass Regierungstruppen in der
Schlussphase des Krieges gezielt Lazarette und Essensausgabestellen
beschossen und für den Großteil der getöteten Zivilisten in dieser Zeit
verantwortlich sind.
Dabei ließ die Regierung weder internationale Beobachter noch Hilfsgüter in
das verbliebene Rebellengebiet, das zuletzt aus einem winzigen
Strandabschnitt bestand. Auch nach dem Sieg über die Rebellen verwehrte die
Regierung Hilfsorganisationen den Zugang zu den Überlebenden, was noch mehr
Todesopfer gefordert haben dürfte.
Mehr als eine Viertelmillion Tamilen aus den ehemaligen Rebellengebieten
wurden nach Kriegsende in Internierungslagern gefangen gehalten, von denen
die letzten erst im September dieses Jahres geschlossen worden sind. Etwa
10.000 angebliche ehemalige Rebellenkämpfer – viele von ihnen Kinder –
wurden in separate Lager verbracht, zu denen das Rote Kreuz und die
Vereinten Nationen keinen Zugang hatten. Die Regierung rühmte sich später,
die meisten Exrebellen erfolgreich reintegriert zu haben. Dazu, dass
weiterhin zigtausende Tamilen – unter ihnen viele ehemalige Rebellen –
vermisst werden, schweigt die Regierung.
29 Nov 2012
## AUTOREN
Sascha Zastiral
## TAGS
Sri Lanka
Tamilen
Tamil Tigers
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Reiseland Sri Lanka
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