# taz.de -- Turner-Preis in London vergeben: Ausgezeichnete Videomontage | |
> Im Schatten von Kates Schwangerschaft: Der renommierte Turner-Preis für | |
> zeitgenössische Kunst geht an Elizabeth Price für ihre 20-minütige | |
> Videoarbeit. | |
Bild: Die Künstlerin Elizabeth Price vor ihrer Installation „The Woolworth�… | |
Ein bisschen Pech hatte Elizabeth Price schon. Die Nachricht, dass es | |
Nachwuchs im Hause Windsor geben wird, dass also Kate, die Herzogin von | |
Camgridge, schwanger ist, brachte die Briten restlos aus dem Häuschen. Und | |
so landete der stets stark beachtete, weil stets auch umstrittene | |
Turner-Preis, einer der international renommiertesten Preise für | |
zeitgenössische Kunst, abgeschlagen auf Platz zwei der nationalen | |
Aufmerksamkeit. Elizabeth Price ist die Preisträgerin 2012. | |
Ein bisschen Pech hatte auch Jude Law, der ihr am Montagabend in der Tate | |
Britain die mit 25.000 Pfund dotierte Auszeichnung überreichte. Der | |
Turner-Preis ist eine glamouröse Schau, die von Channel 4 live im Fernsehen | |
übertragen und von entsprechend medienwirksamen Stars verkündet wird. Law | |
nutzte die Gelegenheit, die Sparpolitik der Regierung Cameron hinsichtlich | |
des Schulwesens zu kritisieren. Er sprach von „kulturellem Vandalismus“, | |
aber der konservative Premierminister twitterte da längst, was für | |
„wunderbare Eltern“ der Herzog und die Herzogin von Cambridge sein werden. | |
Wie immer waren vier Künstler für die Auszeichnung nominiert. Der | |
Filmemacher Luke Fowler ging mit einem 90-minütigen Film über den bekannten | |
schottischen Psychiater Ronald D. Laing ins Rennen. Die | |
Performance-Künstlerin Spartacus Chetwynd, die in einer Nudistenkommune | |
lebt, trat mit einem Puppentheater an, um neutestamentarische Dramen | |
nachzuspielen, wie etwa die Geschichte, in der sich die Juden entscheiden, | |
Barabbas statt Jesus freizulassen. | |
Der allgemein favorisierte Paul Noble schließlich zeigte in kunstvollen, | |
filigranen Zeichnungen grobe Sachverhalte. Seine fiktive Stadt Nobson | |
Newton ist von Exkrementen bevölkert. | |
## Videomontage statt Exkremente | |
Doch dann wurde mit Elizabeth Price die Videokunst prämiert. Die unter den | |
Nominierten am wenigsten bekannte Künstlerin stößt mit ihrem 20-minütigen | |
Loop „The Woolworth’s Choir of 1979“ freilich direkt in das geheime Zentr… | |
der britischen Gesellschaft vor, in dem der Konsum stets Vorrang vor | |
anderen wichtigen Gütern hat. | |
Ihre Arbeit führt drei ganz verschiedene Themenstränge zusammen: Bilder von | |
Kirchenarchitektur, den Auftritt der Shangri-Las, einer US-Girlgroup der | |
sechziger Jahre, und Archivbilder von einem desaströsen Kaufhausbrand in | |
Manchester 1979, bei dem zehn Menschen starben, woraufhin die | |
Brandschutzbestimmungen in England verbessert wurden. Das Klatschen und | |
Singen der Shangri-Las war denn auch durch alle Räume der Tate Britain zu | |
hören. Doch nicht weil die Arbeit so die Ausstellung zum Turner-Preis | |
dominierte, lobte die Jury „die verführerischen und eindringlichen | |
Elemente“ der Arbeit, sondern wegen der Montage. | |
Andrew Hunt, Direktor der Focal Point Gallery in Southend, Heike Munder, | |
Direktorin des Zürcher Migros Museum, und Mark Sladen, Direktor der | |
Kopenhagener Kunsthalle Charlottenborg, bildeten die Jury, zu der noch | |
Michael Stanley gehörte. Tragischerweise hatte sich der Direktor der | |
Öffentlichen Sammlung für Moderne Kunst in Oxford im September das Leben | |
genommen. | |
4 Dec 2012 | |
## AUTOREN | |
Brigitte Werneburg | |
## TAGS | |
Turner-Prize | |
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