# taz.de -- Verhinderung sexueller Gewalt: Schutzlose Kinder | |
> Fachberatungsstellen fordern mehr Personal, um die Vorgaben des | |
> Bundeskinderschutzgesetzes nach Schutzkonzepten zu erfüllen. Aber die | |
> Stadt winkt ab. | |
Bild: Lange Wartezeiten bei Beratungsstellen für Opfer sexualisierter Gewalt: … | |
Ein weißes Kreuz soll künftig Symbol der Ablehnung sexueller Gewalt an | |
Kindern sein. Als Anstecknadel, Plakat oder Aufkleber soll es zeigen, dass | |
Menschen Verantwortung übernehmen. Die Kampagne stellt der | |
Bundesbeauftragte Johannes-Wilhelm Rörig am 10. Januar in Berlin vor. Unter | |
dem Motto „Kein Raum für Missbrauch“ will er Einrichtungen, in denen sich | |
Mädchen und Jungen regelmäßig aufhalten, ermutigen, „Schutzkonzepte“ | |
umzusetzen. | |
„Diese Schutzkonzepte sind schon Vorschrift, seit das | |
Bundeskinderschutzgesetz vor genau einem Jahr in Kraft getreten ist“, sagt | |
Christa Paul vom „Netzwerk der Hamburger Einrichtungen gegen sexualisierte | |
Gewalt an Mädchen und Jungen“ (Nexus). Doch noch hapere es an der | |
Umsetzung. Es fehlten schlicht „Strukturen und Ressourcen“, um | |
Kindertagestätten, Schulen, Jugendtreffs, Vereine, Gemeinden oder Kliniken | |
mit der nötigen Fachberatung zu unterstützen. | |
Unter Schutzkonzept verstehen Röhig und Paul Maßnahmen, die dazu beitragen, | |
sexualisierte Gewalt an Kindern zu verhindern oder frühzeitig aufzudecken. | |
Dazu gehörten ein Verhaltenskodex, Risikoanalysen, Fortbildungen und ein | |
Notfallplan, wie bei Verdachtsfällen vorgegangen werde. Die Konzepte sollen | |
nicht nur die Täter von den Einrichtungen fernhalten, sondern auch die | |
Fachkräfte als „kompetente Ansprechpersonen“ für Kinder stärken, die | |
missbraucht wurden. | |
Laut Gesetz seien Lehrer, Sozialpädagogen, Therapeuten und Ärzte | |
verpflichtet, bei Verdacht auf sexualisierte Gewalt „Schritte einzuleiten, | |
um eine Klärung herbeizuführen“, sagt Paul. Dafür hätten diese „Anspruch | |
auf Fachberatung“. Das gelte ebenso für die Einrichtungen, die nun per | |
Gesetz zu entsprechenden Konzepten verpflichtet worden sind. „Doch die | |
Vorgaben, wer diese Beratung erbringen soll, stehen in Hamburg immer noch | |
aus“, sagt Paul. | |
Die bei Nexus vertretenen Fachberatungsstellen Allerleirauh, | |
Basis-praevent, Dolle Deerns, Dunkelziffer, Zornrot und Zündfunke verfügten | |
über die Expertise. Doch Basis-praevent und Dunkelziffer würden nur über | |
Spenden und Stiftungen finanziert. Und die Ausstattung der übrigen | |
Beratungsstellen sei mit 8,5 Stellen seit 20 Jahren unverändert. | |
Gleichzeitig habe es aber wegen der erhöhten Aufmerksamkeit für das Thema | |
eine hohe Arbeitsverdichtung gegeben. So sei allein bei Allerleirauh die | |
Nachfrage nach Prävention in zehn Jahren um 50 Prozent gestiegen. Gespräche | |
mit SPD-Abgeordneten, eine zusätzliche Zweidrittel-Stelle zu bekommen, | |
hätten 2011 „keinen Erfolg gehabt“. | |
Die Sozialbehörde hält die Stellen für ausreichend. Hamburg sei im | |
Vergleich zu anderen Stadtstaaten „außergewöhnlich gut“ mit Anlaufstellen | |
ausgestattet, so Behördensprecherin Nicole Serocka. Es werde aber mit Nexus | |
über die Umsetzung des neuen Gesetzes gesprochen. Für die Schutzkonzepte | |
werde an einem „Leitfaden“ gearbeitet, der den freien Trägern als | |
„Orientierungshilfe“ dienen soll. | |
„So ein Leitfaden allein stellt nicht sicher, dass die Einrichtungen dies | |
umsetzen können“, hält die Nexus-Sprecherin dagegen. Auch liege Hamburg | |
laut einer Studie aus 2011 über die Beratungsversorgung pro 100.000 | |
Einwohner nicht an der Spitze, sondern „nur im Mittelfeld“. Derzeit müssten | |
Ratsuchende in allen Fachberatungsstellen mit Wartezeiten von bis zu einem | |
Monat rechnen. „Manchmal könne wir überhaupt keine Termine anbieten, weil | |
die Kapazitäten erschöpft sind“, sagt Paul. | |
6 Jan 2013 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |