# taz.de -- Mindestlohn: Six Days für sieben Euro | |
> Beim Sechs-Tage-Rennen arbeiten Menschen für weniger als 8,50 Euro - bei | |
> einer Firma, die für die städtische Messe Bremen das Catering übernimmt. | |
Bild: Mindestlohn? Wo kämen wir denn da hin! Für Promis wie Dieter Bohlen, hi… | |
Mindestlohn bei den Sixdays? Fehlanzeige. An den Getränkeständen in der | |
Stadthalle arbeiten Menschen für sieben Euro, in den ersten Tagen sogar für | |
nur 6,50 Euro. Angestellt sind sie bei der Arena Catering, die seit Jahren | |
die Gastronomie in der Stadthalle für die städtische Messe Bremen | |
übernimmt. An das Landesmindestlohn-Gesetz ist die Firma laut | |
Wirtschaftsressort nicht gebunden, weil die Verträge vor dessen | |
Inkrafttreten abgeschlossen wurden. | |
Seit 2012 sieht das Mindestlohngesetz 8,50 Euro brutto pro Stunde vor und | |
geht dabei noch weiter als das Bremer Tariftreue- und Vergabegesetz von | |
2009, das nur bei direkten öffentlichen Aufträgen greift. Selbst Empfänger | |
von Fördermitteln müssen nun versichern, Mindestlohn zu zahlen. Rot-Grün | |
wollte so weit gehen, wie der Einfluss eines Landes reicht. Faire Löhne | |
sind Bürgermeister Jens Böhrnsen ein persönliches Anliegen – dieser Tage | |
warb er wegen deren erfolgreicher Durchsetzung bei der Bürgerpark-Tombola | |
für die Preiserhöhung der Lose. | |
In der städtischen ÖVB-Arena, beim Sechs-Tage-Rennen, an dem die | |
Wirtschaftsförderung selbst zu einem Viertel beteiligt ist, rackern vom 10. | |
bis zum 15. Januar Menschen bis spät in die Nacht. Das Lohnmodell von Arena | |
Catering für Aushilfskräfte: In einer „Probezeit“, den ersten 20 Stunden, | |
gibt’s 6,50 Euro, danach automatisch sieben Euro. Wer „sehr fleißig ist“, | |
so wird im Einstellungsgespräch erzählt, könne dann auch mehr verdienen. So | |
ist das seit mindestens zwei Jahren: Einem Mitarbeiter, der 2011 beim | |
Sechtagerennen hinterm Tresen stand, wurde erklärt, dass er „bis zu 8,50 | |
Euro pro Stunde“ bekomme, wenn er „immer alles ohne Aufforderung“ erledig… | |
Das habe er gemacht, sagt er zur taz, mehr Geld gab’s trotzdem nicht – | |
vielmehr einen weiteren „Arbeitsanreiz“: „Hin und wieder sind Aufpasser | |
vorbei gekommen, die einem eingeheizt haben.“ Der Job sei sehr anstrengend, | |
die besoffenen Gäste, die Schlager-Musik. „Samstag geht’s bis 4 Uhr, am | |
Sonntag geht’s für manche um 9 Uhr wieder los“, berichtet der ehemalige | |
Mitarbeiter. Nur, wer einen Stand leite, bekomme 8,50 Euro brutto. | |
In den letzten Wochen suchte Arena Aushilfen für’s Sechs-Tage-Rennen, zu | |
den 150 Stamm-MitarbeiterInnen noch einmal so viele für das Event des | |
Jahres: Für die Bewirtung der VIP-Gäste im „Bayerndorf“ und „zuverläss… | |
freundliche und erfahrene Service- und Thekenkräfte auf 450-Euro-Basis“. | |
Das Mindestlohngesetz gelte freilich auch für Minijobber, so Bettina Graue, | |
Rechtsberaterin der Arbeitnehmerkammer Bremen. „Auch eine Probezeit spielt | |
keine Rolle“, so Graue. Ausgenommen seien nur Praktikanten oder | |
Auszubildende, bei denen die Qualifizierung im Vordergrund stehe. | |
Holger Bruns, der Sprecher des Wirtschaftsressorts, erklärte der taz, dass | |
die Verträge über die Bewirtschaftung der Stadthalle 2004 abgeschlossen | |
wurden. Da sei von Mindestlohn noch keine Rede gewesen. „Wenn dort nicht | |
genug gezahlt wird, muss man nochmal darüber reden“, so Bruns. Bislang | |
hätte man aber keinen Anlass gesehen, daran zu zweifeln, Arena Catering | |
habe das auch gegenüber dem Ressort bestätigt. Gegenüber der taz behauptete | |
Jürgen Hensch, der Verwaltungsleiter von Arena Catering: „Das Mindeste, was | |
wir in der Anfangszeit zahlen, ist 8,51 Euro. Im Schnitt zahlen wir | |
zwischen 9 und zehn Euro.“ Verschiedene Aushilfskräfte berichteten der taz, | |
dass das nicht die Wahrheit sei. | |
11 Jan 2013 | |
## AUTOREN | |
Jean-Philipp Baeck | |
## TAGS | |
Mindestlohn | |
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