# taz.de -- Debatte an Berliner Uni: Forschung soll zivil bleiben | |
> Der Fachbereich Politik der FU erwägt eine "Zivilklausel", die die | |
> militärische Nutzung von Ergebnissen ausschließt. Umstritten ist, ob das | |
> kontrolliert werden soll. | |
Bild: Darf die Bundeswehr Forschungsergebnisse einer Staatsuni nutzen? | |
Eine Diskussion über die militärische Verwendbarkeit von Kaffeefiltern | |
steht normalerweise wohl nicht auf der Tagesordnung des Fachbereichsrats | |
Politik- und Sozialwissenschaften an der Freien Universität (FU). Doch an | |
diesem Mittwochmorgen geht es auch darum – denn diskutiert wird der Antrag | |
auf die Einführung einer Zivilklausel am Fachbereich. Diese Klausel hätte | |
zur Folge, dass weder Forschung, die von Rüstungsunternehmen oder der | |
Bundeswehr finanziert wird, noch Forschung „mit militärischem Nutzen“ | |
stattfinden darf. | |
Das klingt eindeutig – aber die Meinungen über Sinn und Folgen einer | |
solchen Klausel gehen weit auseinander. Eingereicht hatte den Antrag der | |
studentische Arbeitskreis Zivilklausel, der sich im Sommer an der FU | |
gründete. Die Dekanin des Fachbereichs, Birgitt Röttger-Rössler, begrüßt | |
die Initiative: „Ich halte eine breite Diskussion über die politischen und | |
ethischen Implikationen von Forschung für sehr wichtig“, so die Ethnologin. | |
Probleme sieht sie in der Umsetzung: Die geforderte Einrichtung eines | |
Gremiums, das permanent überprüfen soll, ob Forschungsprojekte der Klausel | |
entsprechen, hält sie für nicht praktikabel. Florian Frey, Politikstudent | |
und Mitglied des Arbeitskreises, verteidigt den Vorschlag: „Die | |
Zivilklausel darf kein Papiertiger sein. Es muss sichergestellt sein, dass | |
sie eingehalten wird, und das geht nur durch eine institutionalisierte | |
Prüfung.“ | |
Doch die Durchsetzung ist nur einer der strittigen Punkte. Während die | |
BefürworterInnen der Klausel in der Projektfinanzierung durch | |
Rüstungsunternehmen eine Einschränkung der Forschungsfreiheit sehen, | |
befürchten die GegnerInnen diese Einschränkung vielmehr durch die Klausel | |
selbst. Sie bezweifeln auch, dass eine Zivilklausel überhaupt notwendig | |
ist. Dem halten die Mitglieder des Arbeitskreises unter anderem entgegen, | |
dass der am Fachbereich angesiedelte Sonderforschungsbereich „Governance in | |
Räumen begrenzter Staatlichkeit“ in engem Zusammenhang mit militärischen | |
Interventionen stehe. | |
Mehrmals wird zudem die Dual-Use-Problematik angesprochen: | |
Forschungsergebnisse, die zivilen und militärischen Nutzen haben. Sven | |
Chojnacki, Professor für Friedens- und Konfliktforschung, verweist darauf, | |
dass die Definition von „Krieg“ in der Wissenschaft selbst umstritten ist �… | |
und somit auch die Frage, was unter „zivile“ Forschung fällt. Ähnlich wie | |
Röttger-Rössler lobt aber auch er den Arbeitskreis dafür, die Debatte | |
angestoßen zu haben. | |
Die findet nicht nur an der FU statt: An der Technischen Universität (TU) | |
gründete sich im Oktober die Brandenburg-Berliner Initiative für | |
Zivilklauseln. An den Unis Frankfurt und Köln stimmte die große Mehrheit | |
der Studierenden für eine Zivilklausel, an vielen Unis gibt es | |
Arbeitskreise. „Die Kriegseinsätze der Bundeswehr und die Verflechtungen | |
von Unis und Unternehmen werden heute stärker wahrgenommen“, begründet Frey | |
das neue Interesse an dem Thema, das zuletzt in der Friedensbewegung der | |
achtziger Jahre diskutiert wurde. | |
17 Jan 2013 | |
## AUTOREN | |
Malene Gürgen | |
## TAGS | |
Zivilklausel | |
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